"Wenn das Glück im Detail liegt, müsste ich glücklich sein", denkt
Lasse, ein in Köln lebender Comedian, und eigentlich ist er das auch: Wären da
nicht seine stagnierende Karriere und seine ihm gänzlich abhanden gekommene
Leidenschaft. Der gebürtige Däne liebt seine Freundin Tess, mit der er seit
sieben Jahren liiert ist - er liebt sie sogar sehr. Nur mit dem Sex klappt es
nicht mehr. Lasse will. Aber Lasse kann nicht.
Als Tess eine Stelle in China angeboten bekommt und Lasse bei einem
manipulierten Comedy-Casting die Chance erhält, seine vor sich hin dümpelnde
Karriere anzuschieben, stehen längst überfällige Entscheidungen an: Soll und
kann aus der Wochenendbeziehung eine Ferienbeziehung werden? Schafft Lasse es,
ein Programm zusammenzustellen, dass Zuschauer und Jury überzeugt?
Nach Art mancher Männer ist Birbaeks Protagonist wenig entschlussfreudig, er
sitzt sein Leben aus, befindet sich in einer Lauerposition - und eigentlich
möchte er gar nicht, dass sich etwas ändert. Zwar vermisst er Sex und
Leidenschaft, aber das Gefühl der tiefen Liebe zu seiner Freundin ist ihm
wichtiger. Tess ist ein Stück von ihm auf das er keinesfalls verzichten
möchte...
Michel Birbaek gelingt die Beschreibung einer großen Liebe aus Männersicht
perfekt, auch wenn dieser Mann viele weibliche Eigenschaften zu besitzen
scheint. Weniger glaubwürdig ist, dass ein männliches Wesen so viele Jahre auf
"Lust und Leidenschaft" verzichten mag.
Die schönsten Passagen im Roman sind die, an denen Lasses schwerkranker Vater
ins Spiel kommt. Der lebensweise, stets humorvolle Far ist gewiss die stärkste
Figur im Buch. In ihr steckt die Liebe des Autors, er wirkt authentisch und
über alle Maßen liebenswert. Überzogen hingegen sind Lasses Mitbewohner.
Würde ein Mensch wie Lasse mit dem schweigsamen Ökoterroristen Arne wirklich
unter einem WG-Dach leben? Noch fragwürdiger ist Frauke, die Dritte im Bunde,
eine ständig kiffende Rechtsanwältin. Sie wirken wie Füllsel, die vom
Wesentlichen ablenken und dem Roman ein paar Seiten mehr bescheren sollen.
Eigentlich schade, dass diese nicht Lasses Vater Far gewidmet wurden.
Andererseits ergibt sich durch sie natürlich ein (humorvoller) Ausgleich zu
Krankheit, Tod und Verlust.
Lasse selbst bietet wenig Identifikationspotential für die männlichen Leser,
wohingegen die weiblichen sich einen mit solcher Intensität liebenden Mann
vermutlich von ganzem Herzen herbeisehnen. Der nicht stattfindende Sex ist ein
mutiges und in gewisser Weise auch neu angefasstes Thema; wirklich
nachvollziehbar ist dieser Ansatz nicht, denn das Versiegen der Leidenschaft
scheint aufhebbar, zu bewältigen wie ein Infekt - und ein derart
(liebes-)engagierter Mensch wie der "lustige Däne" sollte ein
derartiges Problem eigentlich in den Griff bekommen. Aber vielleicht geht es ja
doch vor allem um die unterbewusst wirkenden Bedürfnisse: Eigentlich will Lasse
sich von Tess trennen, im Grunde will er seinem Leben eine neue Wendung
geben...
Zu bemerken ist jedenfalls, dass der Autor auch in seinem dritten Roman unter
Beweis stellt, wie gut er sein Handwerk versteht. Seine Personenbeschreibungen
sind ausgereift, und der Roman transportiert Stimmung und Atmosphäre. Auch
Birbaeks leiser Humor vermag zu überzeugen. Dennoch hat der Roman nicht die
Kraft seines Vorgängers "Wenn das Leben ein Strand ist, sind die Frauen
das Mehr".
Fazit
Trotz der kleinen Kritik bleibt es ein Buch, dem man viele Leser wünscht. Denn
es ist besser, interessanter und vor allem auch unterhaltsamer als viele andere
Romane dieses Genres. Ein dickes Lob gibt es überdies für den Schluss: Wenn
die Liebe schon enden muss, dann sollte sie SO enden!
Vorgeschlagen von Heide John
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veröffentlicht am 18. Oktober 2007 2007-10-18 09:06:27