Wenn in Frankreich die Sommerferien zu Ende gehen, werden manche Dörfer
eingemottet. Touristen sind nun nicht mehr zu erwarten, die Bäckerei und der
Campingplatz schließen. In dem südfranzösischen Dorf, in das Birgit
Vanderbeke uns führt, gibt es wenig mehr als einen Campingplatz und eine
Ölmühle. Die Einwohner halten Bienen, sammeln Kastanien und glauben an
Werwölfe. "Da unten wimmelt es von Querulanten und Hugenotten" sagt
man über die Gegend. Doch bevor in diesem Herbst die Bürgersteige hochgeklappt
werden, erscheint Frau Choi. Frau Choi stammt aus Gwangju in Korea, doch sie
kommt mit ihrem Sohn Piet aus Amsterdam. Die Dorfbewohner halten die Zuwanderin
für eine Chinesin und interessieren sich nicht weiter für sie. Frau Choi
weiß, was sie will: "Eigentlich hätte ich Lust, etwas anzufangen".
Sie kauft das leerstehende Haus neben dem Café du Marché, renoviert, pflanzt
unbekannte Baumarten asiatischer Herkunft und eröffnet schon bald das
koreanische Restaurant "Bapguagup". Die benötigten Gewürze und
Zutaten baut sie selbst im Garten an. Frau Choi begeistert mit ihrem Gericht
Bibimbap Gäste aus nah und fern. Bald entwickelt sich das Bapguagup europaweit
zum Geheimtipp; der vorher zum Sterben verurteilte Ort erwacht durch die
wachsenden Touristenströme zu neuer Blüte. Frau Choi und Sohn Piet, ihre
Nachbarin Yolande und Sohn Bastien haben erfolgreich die Wirtschaft des Dorfes
angekurbelt. Erstaunlich wie alle mit allen und alles mit allem zusammenhängt.
Frau Choi ist eine entschlossene, handwerklich geschickte Person mit Visionen.
Sie gleitet elegant durchs Dorf und kann ihre Geschäftstüchtigkeit weitgehend
ungestört entfalten. Niemand macht sich die Mühe, herauszufinden, wer sie ist
und welche Motive sie ins Dorf geführt haben. Doch der geballten
Wirtschaftsmacht aus Frauen und Söhnen stellen sich im Dorf auch Feinde
entgegen. Die erfolgreiche Gastwirtin fackelt nicht lange mit ihren Gegnern. Der
alte Bürgermeister und Marc, der Frauenheld, hätten wohl doch genauer darauf
achten sollen, was in der üppigen Pracht von Frau Chois Garten so alles
gedeiht. Lassen Sie sich überraschen!
Fazit
Birgit Vanderbeke beschreibt die märchenhafte Metamorphose eines Dorfes vom
abgelegenen Kaff zum global vernetzten kleinen Wirtschaftszentrum. Sie variiert
in ihrer Erzählung gewohnt hintergründig das Thema Essen und lässt die
außergewöhnlich kauzigen Typen einer eingeschworenen Dorfgemeinschaft
aufmarschieren. Spannend konstruiert, präzise formuliert, hintergründig und
voller Widerhaken - "Die sonderbare Karriere der Frau Choi" ist ein
Lesevergnügen erster Klasse.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 15. September 2007 2007-09-15 11:40:46