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Arno Orzessek: Schattauers Tochter

Schattauers Tochter

von Arno Orzessek
Verlag: Steidl [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Belletristik
ISBN-13 978-3-86521-424-9

Preis: 5,03 Euro bei Amazon.de [Stand: 21. Dezember 2024]
Im Sommer 1982 zehrt Osnabrück noch vom Ruf der Stadt als ehemalige Karmann-Schmiede. Die Zeit der SPD-Regierung unter Helmut Schmidt geht zu Ende. Regenmacher, Jutta, Eduard und Guido nehmen im Abitur-Jahr gemeinsam an Dr. Ecksteins Rhetorik-Kurs teil. Sie sind eine Generation, die in Frieden und Wohlstand aufwuchs und deren Väter noch Kriegserlebnisse zu erzählen oder zu verschweigen haben. Eduard Manthey, der aus einfachen Verhältnissen stammt, profitiert von der Kampagne "Schickt Eure Kinder länger auf bessere Schulen". Allein unter Mittelschichtkindern absolviert Eduard das Gymnasium und erhält Zugang zu einer ihm völlig neuen Welt. Angeregt durch Ecksteins Vorbild strebt Eduard nach Höherem. "Dünne Bücher sind Zeitverschwendung" sagt Eckstein und empfiehlt Eduard gleich den Griff zu dicken Schwarten. Auch während Eduards Studium in Köln wird Eckstein später seinen ehemaligen Schüler weiter fördern und unterstützen. Ecksteins persönlicher Lebenswandel ist dagegen weniger vorbildlich. Er bedient sich aus dem Pool hübscher Schülerinnen skrupellos mit wechselnden Lustobjekten für sein "unregelmäßiges Liebesleben". Dass Eckstein Eduard als Konkurrenten um die Mitschülerin Daniela aussticht, akzeptiert der Jüngere nur widerwillig. Eine komplizierte Beziehung zu Eckstein zwischen Eifersucht und Bewunderung wird Eduards weiteres Leben prägen.

Otto Schattauer ist kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs ein so genannter 30-Hektar-Bauer in Kleinbärengrund, einem 350-Einwohner-Kaff in Masuren. Die Familie gehört zur bekennenden Kirche, Tochter Marie wird nach strengen, pietistischen Werten erzogen. Im Sommer 1937 kommen zwei Besucher ins Dorf, Hermann Eckstein und sein Onkel. Hermann verliebt sich in die 18-jährige Marie. Als Hermanns Frau gelangt die behütet aufgewachsenen Bauerntochter nach Osnabrück in den bürgerlichen Haushalt der Ecksteins. Die Schwiegereltern betrachten Marie wie ein exotisches Lebewesen: Sie spricht Masurisch, sie kocht, werkelt und zeigt außergewöhnliches Talent für Küche und Garten.

Was der Studienrat Dr. Hermann Gustav Eckstein der Gegenwart mit der inzwischen greisen Marie Eckstein, geb. Schattauer, zu tun hat und was ihr Mann Hermann Eckstein damals in Russischer Kriegsgefangenschaft erlebte, verknüpft Arno Orzessek zu einer üppigen Familiensaga.
Fazit
Der Autor hat die Handlungsstränge geschickt miteinander verwoben und kann seine Leser bis zum Schluss fesseln. Lokale und historische Details aus der Osnabrücker Gegend sind sorgfältig recherchiert, jeder Charakter in seiner Epoche differenziert gezeichnet. Eduards Abiturjahrgang stellt Orzessek sehr authentisch dar und lehnt sich vermutlich an eigene Jugenderlebnisse in Osnabrück an. Auch Hermann Ecksteins Kriegs-Erlebnisse wirken, als hätte der Autor sie selbst erlebt. Mit dem persönlichem Auftauchen des Ex-Kanzlers Helmut Kohl gleitet der aktuelle Bezug leicht ins Satirische ab. Orzesseks Sprache wirkt ausschweifend und oft überladen, seine erotische Szenen für einen Autor seines Alters zu pathetisch.
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Vorgeschlagen von Helga Buss [Profil]
veröffentlicht am 11. September 2007

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