Niemand konnte sich an einen ähnlich heißen Sommer erinnern. Vor Olof liegen
die endlos langen schwedischen Sommerferien; er freut sich darauf, in einem
dicken Stapel Bücher zu schmökern. Der 13-Jährige liebt Geschichten und
schreibt selbst gern. Zur Verbesserung seiner katastrophalen Rechtschreibung hat
Olofs Lehrerin ihm ein Übungsprogramm für die Ferien verordnet. Doch Olofs
überschießende Fantasie sucht sich ihren Weg lieber in grotesken
Lügengeschichten wie der, dass sein Freund Sverker nach dem Besuch beim
Zahnarzt gestorben sei. Die beiden 13-jährigen erleben eine idyllische,
dörfliche Kindheit in den 50er Jahren. Gebrochen wird die Idylle, als Olof im
Schwimmbad der jungen Nachbarin Eivor nachspioniert und seinen Vater mit ihr
zusammen in einer Badekabine beobachtet.
Fast alle Familien ernten Gemüse und Obst in riesigen Selbstversorger-Gärten.
Der sommerliche Obstüberschuss hält die beiden Knaben nicht davon ab, nachts
zum Spaß Obst in Nachbargärten zu stehlen. Bei einer dieser Raubzüge
belauschen sie ihren Lehrer beim Erzählen eines schlüpfrigen Witzes. Olof kann
den Mund nicht halten und erzählt den Witz weiter. Doch dass er für die
Entgleisung des Lehrers Stenberg bestraft werden soll, sieht er nicht ein.
Stenberg setzt Olof unter Druck und verlangt, dass er sich öffentlich zum
Urheber des Witzes erklärt. Ausgerechnet der ängstliche Sverker, der sich
stets so um seine Gesundheit gesorgt hatte, tritt in dieser Situation dem Lehrer
entschieden entgegen und entlastet Olof.
Zu Beginn des Sommers schien das ganze Leben noch vor Olof und Sverker zu
liegen, an seinem Ende wirken sie beinahe erwachsen. Mats Wahl beschreibt eine
vordergründig idyllische Kindheit in der Zeit der pistaziengrünen Autos, der
Doppelmoral und des böswilligen Klatschs. Eltern, Lehrer und Pfarrer waren sich
damals einig, was als "anständiges Benehmen" anzusehen war und
setzten ihre Vorstellung entschlossen durch, oft auch mit Gewalt. Dass Wahl
eigene Erinnerungen aus den 50ern erzählt, liegt nahe.
Fazit
Wahl schildert die Atmosphäre dieses besonderen Sommers so dicht, dass man als
Leser die Hitze des Bodens an den nackten Füßen selbst zu spüren glaubt.
Olofs jugendliches Aufbegehren gegen die kleinstädtische Doppelmoral hat der
Autor in seiner ruhigen Feriengeschichte treffend eingefangen.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 22. Juni 2007 2007-06-22 12:04:05