Der vorliegende Krimi von Andreas Franz ist unzweifelhaft sehr spannend. Ich
habe ihn in einem Zug durchgelesen. Sören Henning und seine Kollegin Lisa
Santos jagen in Norddeutschland - der Kriminalroman spielt in der Gegend von
Flensburg - einen Serienmörder. Sören hat in diesem Fall jedoch einen zu
Unrecht Verdächtigten in Haft gebracht. Dieser Verdächtige, gegen den
zunächst zahlreiche Indizien sprechen, kann seine Unschuld nicht beweisen und
begeht im Gefängnis Selbstmord. Gleichzeitig führen Eheprobleme zu
Depressionen und Vereinsamung des Kommissars, der sich in sein Büro
zurückzieht, um mit diesen Ereignissen fertig zu werden. Gleichzeitig
entwickelt er eine Theorie über die Psyche und Persönlichkeit des wahren
Täters, der - weiterhin - mordet. Lange Zeit scheint das Katz- und Mausspiel
aussichtslos zu sein. Der Täter, aus dessen Perspektive ein Teil des Romans
geschrieben ist, scheint der Polizei immer eine Spur voraus zu sein. Wird er
einen Fehler begehen und der Polizei "ins Netz gehen?"
Franz gelingt hier ein spannendes Psychogramm eines Serienkillers und
Massenmörders, der unter die Haut geht und Gänsehaut erzeugt. Auch anderen
Charaktere - Kommissar Henning und sein Team - sind glaubwürdig gezeichnet.
Allerdings arbeitet der Autor mit erheblichen Klischées und Vorurteilen, die
massiv stören. So wird mehrfach suggeriert, es könne sich bei den zahlreichen
Begegnungen zwischen Täter und Opfern nicht um Zufälle handeln, der Tod der
Opfer sei im Grunde "vorherbestimmt". Viele der Opfer - dieses Bild
wird leider erzeugt - waren Versager oder gingen ihrer Umwelt "auf die
Nerven", so etwa das adoptierte Kind, welches Adoptiveltern, Schüler und
Lehrer terrorisierte und Drogen nahm, bis es dem Täter in die Hände fiel. Auch
ein arbeitsloser junger Mann, ein völliger Versager und daher in Konflikt mit
seinen Eltern lebend, fällt dem Verbrecher, den er zufällig um Feuer für eine
Zigarette bittet, zum Opfer. Ein achtjähriger Junge fällt dem Triebtäter nur
deshalb in die Hände, weil er, als er für den Vater Zigaretten holen soll,
kaputt ist und er daher an einen anderen Automaten muss und so seine tödliche
Begegnung mit dem Täter hat.
Franz suggeriert, dass dies alles keine Zufälle sein könnten, ja, ich habe es
so verstanden, als hätten die Opfer es "verdient", zu sterben. Und
dies - dieser aus meiner Sicht beinahe unerträgliche moralische Zeigefinger -
ist m.E. sehr störend. Hätte man dies nicht weglassen können? Ansonsten steht
der Krimi in Tradition mit zahlreichen Romanen um Serienkiller, die es in
(überreichem) Maße gibt, etwa von James Patterson.
Fazit
So ist ein insgesamt spannenderThriller entstanden, der unter die Haut geht,
aber aus meiner Sicht zu sehr mit Vorurteilen und Klischées arbeitet, die vom
Autor mit einer deartigen Hartnäckigkeit, ja Penetranz, dargeboten werden, dass
dies - aus meiner Sicht - den Wert des Buches erheblich einschränkt. Schade.
Daher insgesamt nur 5 Punkte.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
[Profil]
veröffentlicht am 26. Mai 2007 2007-05-26 09:01:44