Aus kleinen Amazonen des Kindergartens können spätestens in der Pubertät
Schülerinnen werden, die Mathematik abwählen und zu negativen
Selbsteinschätzungen neigen. Auf der Grundlage empirischer Daten geht Nicky
Mahone auf die Problematik der "erlernten Hilflosigkeit" von Frauen
ein und verspricht ein Programm zur Erziehung erfolgreicher Töchter.
Die Autorin definiert Erfolg als das Führen eines erfüllten Lebens - egal ob
eine Frau Karriere macht, eine Familie gründet oder einen Bauernhof
bewirtschaftet. Voraussetzung für dieses erfüllte Leben sei, dass Kinder
Wissensdurst, analytisches Denken, Urteilsfähigkeit und
Problemlösungsstrategien entwickelten. Jede Erzieherin müsse sich der Wirkung
ihres eigenen Rollenvorbilds auf Kinder bewusst sein. Mit dem Urteil über
andere Menschen würden Kindern stets versteckte Botschaften und
Rollenzuschreibungen vermittelt. Die Autorin hat während ihrer Tätigkeit als
Lehrerin beobachtet, dass Mädchen ihren eigenen Erfolg eher abwerten und für
Zufall halten, während Jungen überzeugt von der eigenen Überlegenheit sind.
Diese Selbsteinschätzung werde von Lehrern verstärkt, wenn sie
kooperierendes, diszipliniertes Verhalten von Mädchen belohnten, ohne das
häufig kein geordneter Unterricht mehr möglich sei. Die Belohnung von
Angepasstheit statt Leistung sei leistungsfeindlich.
Marone lehrt in ihren Workshops, wie Mütter ihren Töchtern überzeugend
vermitteln können, Erfolg sei ein Prozess und kein Schicksal. Erfolgreiche
Menschen hätten gelernt, mit Veränderungen, eigenen Fehlern und Misserfolgen
souverän umzugehen. Wichtige Qualifikationen wie Organisationstalent und
Führungsqualitäten könnten Kinder in schulischen oder sozialen Projekten
erlernen. Die Autorin differenziert zwischen einem Schuld-Ansatz und einem
Verantwortungs-Ansatz in der Erziehung. Schuldzuweisungen förderten
Passivität, während das Übernehmen von Verantwortung eine aktive Handlung
sei. Der Gegensatz zwischen Schuld und Verantwortung lässt sich am Beispiel
eines kaputten Spielzeugs verdeutlichen: Wenn etwas kaputtgegangen ist, fördern
Schuldzuweisung und Bestrafung keine kindlichen Einsichten. Sinnvoller wäre die
Frage, warum das Spielzeug kaputt ging und wie es zu reparieren sei. In
mehreren Tests können Marones Leserinnen herausfinden, ob sie selbst ihren
Töchtern erfolgsorientiertes Verhalten vorleben. Die finanzielle
Unabhängigkeit jeder Frau liegt der Autorin besonders am Herzen. Sie fordert
dazu auf, Kindern ein realistisches Bild der Arbeitswelt zu vermitteln und den
Nachwuchs in alle finanziellen Entscheidungen der Familie mit einzubeziehen.
Marone kritisiert die in Werbung und Filmen vermittelten Rollenbilder und hält
Fernsehen prinzipiell für einen negativen Einfluss. Mit der Wirkung der
Barbie-Kultur setzt sie sich kritisch auseinander und hat einige kreative Ideen
parat, wie Mütter mit ihren Töchtern Barbie mit feministischen Hintergedanken
spielen können. Auf die entscheidende Rolle von Vätern in der Erziehung geht
die Autorin sehr ausführlich ein. Für die turbulente Zeit der Pubertät hält
Marone praktische Tipps bereit und hilft, einen Mittelweg zwischen dem
elterlichen Sicherheitsbedürfnis und dem Wunsch nach selbständigen
Jugendlichen zu finden.
Fazit
Marones 1998 in den USA zuerst erschienenes Programm zur Erziehung erfolgreicher
Töchter klingt zunächst übertrieben feministisch, erweist sich aber als
grundlegendes, sinnvolles Erziehungsbuch mit praxisnahen Tipps. Die Autorin legt
den Schwerpunkt in der Kindererziehung auf Selbstkritik der Erzieher und
Vermittlung von erfolgsorientiertem Verhalten. Sie hält
Schlüsselqualifikationen für ein erfolgreiches, erfülltes Leben für
entscheidender als Schulnoten oder Schulabschlüsse.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 27. März 2007 2007-03-27 17:21:15