Im Zusammenhang mit einer Besprechung des neuen Preußen-Buches von Christopher
Clark habe ich erneut das bereits 1979 erschienene Preußen-Buch von S.
Fischer-Fabian vorgenommen, der mit zahlreichen Bestsellern zur deutschen
Geschichte /"Die ersten Deutschen", "Die deutschen
Caesaren") hervorgetreten ist.
Fischer-Fabian gibt in seinem Bestseller eine Darstellung der Ursache von
"Preußens Gloria", dem Aufstieg Preußens zur Großmacht. Obwohl
bereits 1979 erschienen, hat das Buch bis heute nichts an Aktualität
eingebüßt. Fischer-Fabian beleuchtet die Zeit zwischen 1701 und 1786, der Zeit
also, in dem der Kurfürst von Brandenburg erster preußischer König wurde. Das
Buch beschreibt die Regierungszeit der Könige Friedrich I., Friedrich-Wilhems
I. und Friedrichs II. in ihrer Zeit.
Fischer-Fabian lässt keinen Zweifel daran, dass Preußens Aufstieg zur
Großmacht vor allem durch den "Soldatenkönig" Friedrich-Wilhelm I.
und seinen Sohn, Friedrich II., dem "Großen" zu verdanken sei.
Allerdings habe der - eher schwache - König Friedrich I. sehr genau erkannt,
wie wichtig es sei, den Titel - die preußische Krone und damit die Anerkennung
als eigenständige Macht auf dem europäischen Kontinent - durch den
habsburgischen Kaiser zu erhalten. Dieser Traum wurde 1701 erfüllt. Noch sein
Enkel Friedrich der Große schrieb: "Was in seinem Ursprung ein Werk der
Eitelkeit schien, erwies sich nachher als ein Meisterstück der Politik...Es war
eine Lockspeise, die Friedrich seinen Nachkommen hinwarf und durch die ersagen
wollte: ich habe den Titel erworben, Ihr sollt Euch seiner würdig machen: das
Fundament Eurer Größe habe ich gelegt, an Euch ist`s, den Bau zu
vollenden." Dies haben seine beiden Nachfolger getan. In Anlehnung an
Wolfgang Venohr sieht Fischer-Fabian den unmittelbaren Nachfolger Friedrichs I.,
den Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. (1713-1740) als "größten inneren
König", wobei er insbesondere auf die religiöse Toleranz des Königs
eingeht, der Protestanten aus Österreich, die sich mit dem dortigen Bischof
überworfen hatten, aufnahm und so zur "Peuplierung" des Landes
beitrug. Friedrich Wilhelm I., der sehr sparsam gewesen ist, trug durch
konsequente Anwendung der merkantilistischen Wirtschaftspolitik (dem System
einer staatlich gelenkten Wirtschaft, die protektionistische Maßnahmen vorsah,
um Handel, Gewerbe und Landwirtschaft zu fördern) zur Mehrung des Wohlstandes
des Landes bei. Außenpolitisch hielt er sich - obwohl er - gemessen an der
Einwohnerzahl Preußens - die größte Armee des Kontinents - die sogenannten
"langen Kerls" schuf und Armeereformen durchführte - im Gegensatz zu
seinem Nachfolger zurück und konnte den nach dem Tode Friedrichs I. völlig
maroden Staatsschatz durch sparsames Wirtschaften auffüllen. Seine Devise war:
nicht mehr ausgeben, als man einnehmen kann und diese Devise grenzte fast an
Geiz, wie Fischer-Fabian eindrucksvoll zu berichten weiß.
Sein Sohn Friedrich II. erhob Preußen zur Großmacht. Gleich nach seinem
Regierungsantritt fiel er in Schlesien ein - neben Ruhmsucht trugen aber auch
wichtige strategische Überlegungen dazu bei - insbesondere die Überlegung,
dass nur eine Annektion Schlesiens Preußens Zerstückelung beenden und den
Aufstieg zur Großmacht einleiten konnte. Friedrichs Herrschaftsgebiete waren
1740 quer über Nordeuropa hin verstreut, vom Rheinland bis an die russische
Grenze, und die Kernländer waren von den Außengebieten durch geschlossene
Blocks fremder Territorien geschieden. Cleve, Mark und Ravensberg ließen isch
nicht gegen Frankreich verteidigen, Ostpreußen nicht gegen Rußland, und die
Grenze Sachsens war nur 50 Kilometer von Berlin entfernt. Die Geographie seines
Erbes, eines selbst für deutsche Verhältnisse einzigartigen Gebiles aus
Stücken und Flicken, war das überzeugendste seiner Argumente.
Dies bedeutet nicht, Friedrichs Annektion Schlesiens zu billigen. Aber es
scheint notwendig, diese Annektion unter strategischen Gesichtspunkten im
damaligen historischen Kontext zu bewerten. Und diese Bewertung gelingt
Fischer-Fabian gut, wie er auch die weitere Regierungszeit Friedrichs II.
treffend darstellt. Der furchtbare Kriegsalltag wird ohne Beschönigung
insbesondre in den Schilderungen des Schweizers Ulrich Bräker dargestellt und
auch Friedrich II. lernte um und sah - spätestens am Ende des siebenjährigen
Krieges 1763, der Europa zum "Schauplatz der apokalyptischen Reiter"
machte - wie vergeblich Kriege sein können. Am Ende des Krieges war er ein von
der Gicht gebeuter, frühzeitig gealterter und verbrauchter Mann, der dennoch
Preußen zur Großmacht machte - wie immer man heute dazu stehen mag.
Fazit
Die preußische Geschichte in dieser Zeit packend für den interessierten Laien
nacherzählt zu haben (für Wissenschaftler ist das Buch zwar auch heute noch
lesenswert, aber dennoch sind die zitierten Quellen zwar historisch wertvoll,
mittlerweile jedoch veraltet), darin liegt das unbestreitbare Verdienst
Fischer-Fabians, der ein packendes, heute noch gut lesbares und spannendes Buch
über Preußens Glanzzeit verfasst hat.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 24. März 2007 2007-03-24 10:52:39