Mosca Mye aus dem Dorf Krähennest ist sich sicher, dass gedruckte Wörter
Ärger bereiten werden - dem der lesen kann wie dem, der es nicht kann. Die
12-jährige Tochter des Historikers Federkiel Mye war nach dem Tod ihres Vaters
mit dessen Büchern und einem unstillbaren Hunger nach Worten zurück geblieben.
Mosca wuchs in einem zerstrittenen Königreich auf, in dem konkurrierende
Handwerkergilden die Macht übernommen hatten. Niemand traute sich, dem
Machthunger der Gilden entgegenzutreten; denn als Produzenten und Lieferanten
hatten sie sich unentbehrlich gemacht: ohne Waren konnte kein Staat Kriege
führen. Inzwischen gefährdeten die einander bekämpfenden Gilden die Einheit
des Reiches. Lady Tamarinde, die Schwester des regierenden Herzogs Avocado, will
die Schlosser und andere Zünfte ausspionieren lassen, um herauszufinden, wer
von ihnen im Besitz einer illegalen Druckerpresse ist. Sie setzt Mosca und deren
kämpferischen Ganter Sarazene ein, um die Aktivitäten des Wortmeisters Clent
zu beobachten. Mosca entdeckt sehr bald, dass der Lehrer Partelli eine geheime
Schule betreibt, obwohl man ihn als Aufrührer verdächtigt. Kinder sollten
nicht von Lehrern unterrichtet werden, fanden die Herrschenden, sondern von
Schreibern, damit Schüler-Köpfe nicht durch falsche Ideen verstopft werden.
Gerüchte und Verschwörungstheorien wuchern, die doppelbödige Handlung nimmt
mehrere überraschende Wendungen, ehe Mosca herausfindet, wer wem tatsächlich
dient und was es mit der geheimnisvollen Armee der Vogelfänger auf sich hat.
Fazit
"Die Herrin der Worte" ist eine anspruchsvolle Lektüre, deren
spitzfindige Anspielungen sich nicht jedem auf den ersten Blick erschließen.
Wer sich durch Worte faszinieren lassen kann, folgt einer verschachtelten
Handlung vor der Bilderbuch-Kulisse Englands im beginnenden 18. Jahrhundert.
Hardinges Leser erleben die Abenteuer einer schalkhaften, unternehmungslustigen
Heldin. Die Autorin kommt ohne vordergründige Spannungselemente und
phantastische Artefakte aus. Sie fesselt ihre Leser mit gewitzten Schachzügen
und pfiffigen Wortschöpfungen. Im Kopf der Leser öffnen sich Türen, wie Mosca
treffend feststellt. Den Vergleich mit zahlreichen Romanen, die die Macht des
gedruckten Wortes thematisieren, braucht Hardinges Erstling inhaltlich und
sprachlich nicht zu scheuen.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 18. Februar 2007 2007-02-18 20:25:24