Amal hat sich für Vollzeit entschieden. Nicht Vollzeit-Schule und auch nicht
Vollzeit-Job: die 16-jährige Muslima wird den Hijab immer dann tragen, wenn
Männer anwesend sind, die nicht zur Familie gehören. Teilzeitträgerinnen
tragen eine Kopfbedeckung als Bestandteil ihrer Schuluniform an muslimischen
Privatschulen, Vollzeitträgerinnen immer außerhalb der eigenen Wohnung. Amal
ist Schülerin der elften Klasse einer weltlichen australischen Privatschule;
ihre Eltern sind palästinensischer Herkunft und wünschen, dass ihre ehrgeizige
Tochter studieren wird. Dass Amal ihren Glauben jetzt deutlich sichtbar lebt,
lässt ihre liberalen Eltern spontan um die Zukunftschancen ihres einzigen
Kinds fürchten. Vor ihrer folgenreichen Entscheidung war Amal ein typischer
Teenager, der sich den Kopf über Diäten und Bauchnabel-Piercings zerbrach. Nun
hat sie sich entschieden, künftig antinormal und antidurchschnittlich zu sein
- und für ihre Rechte einzutreten. Mit dem Anlegen des Kopftuchs legt Amal
weder ihren Verstand noch ihr Mundwerk ab; besonders das Mundwerk hat sie in
jahrelangen pubertären Kämpfen gestählt. Schuldirektorin und Klassenlehrer
kann die 16-jährige erfolgreich von ihrer Wandlung überzeugen. An der
MacCleans-School ist Amal als temperamentvoll, selbstbewusst und schlagfertig
bekannt. Doch der Kopftuchträgerin Amal unterstellen Lehrer und Schüler nun
plötzlich, sie sei ein hilfloses, handlungsunfähiges Opfer autoritärer
Eltern. Ihre Mitschüler erwarten, dass sie zukünftig für jedes aktuelle
Ereignis, an dem irgendwo in der Welt Muslime beteiligt sind, persönlich
zuständig ist. Amals langjähriger Freund Adam, die wichtigste Person in ihrem
Leben, muss sich auf anstrengende Diskussionen mit ihr gefasst machen.
Fazit
Die 25-jährige Randa Abdel-Fattah öffnet ihren Lesern mit einer witzigen,
temporeichen Teenager-Geschichte die Augen für die Lebenswirklichkeit
Jugendlicher "mit Migrationshintergrund". Treffsicher lässt sie dabei
ihre Heldin Amal vorschnelle Urteile und Schubladendenken entlarven. Amal hat
gute Chancen, das Jugendbuch-Idol des Jahres zu werden - nicht nur ein
Verdienst der Autorin, ebenso das der Übersetzerin.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 13. Februar 2007 2007-02-13 09:41:41