Was Marie Elisabeth Straub da auftischt, lässt die angeblich blasphemischen
Entgleisungen eines Dan Brown oder gewisser dänischer Comics recht blaß
aussehen. Die 62-jährige Drehbuchautorin und Schriftstellerin aus Schleswig
Holstein legt als ersten historischen Roman eine Interpretation der Geschichte
der Heiligen Familie vor, die wahrscheinlich für polemische Attacken erboster
Christen sorgen wird. Kein Wunder: dass darin Jesus nicht vom Heiligen Geist,
sondern von Marias eigenem Vater gezeugt wird, ist schon ein starkes Stück.
Hurtig wird sie darufhin an einen greisen Zimmermann verheiratet, dem sie im
Laufe ihres Lebens noch eine ganze Kinderschar schenkt. Als ihr Gatte im Sterben
liegt und ihr geliebter Erstgeborener sie am nächsten Morgen verlassen will,
lässt sie ihr Leben Revue passieren... Dass man die Ursprünge der christlichen
Religion auch so erzählen kann, ist eine kühne Tat. Ein Jahr lang hat die
Autorin das Neue und das Alte Testament, jüdische Schriften und viele weitere
Quellen studiert. Für den Fall, dass es zu Protesten kommen sollte, hat sich
Frau Straub den fachlichen Beistand zweier Theologen der Universität Fribourg
gesichert. "Es ist eine fiktive Geschichte vor einem authentischen
Hintergrund", sagte sie im Interview mit dem Magazin "Der
Spiegel". Ihr Roman sei "eine von mehreren Optionen, wie es gewesen
sein könnte". Ob dies ernsthaft debattiert wird, bleibt abzuwarten. Ein
anderer Aspekt bedarf kaum einer Diskussion - so komisch, tragisch, menschlich,
weise und liebevoll wurde diese Geschichte noch nie erzählt. Und einen Mangel
an Respekt kann man der Autorin schwerlich vorwerfen: im Nachwort erklärt sie,
warum sie den Namen Gottes immer nur in Konsonanten schreibt - "du sollst
seinen Namen nicht unnütz führen."
Fazit
Frisch, neu, aufregend. Und spannend geschrieben.
Vorgeschlagen von Annette Rieck
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veröffentlicht am 07. Januar 2007 2007-01-07 17:09:42