Die erste Geisha war ein Mann. Besser gesagt, der Geisha, denn Geisha
("Person, die Kunst ausübt") war anfangs ein Männerberuf. Das ist
nur eine der mehreren Überraschungen, die den Leser erwarten, wenn er "Das
Lächeln der Geisha" von Ursula Richter liest. Vielleicht hätte ihn der
Untertitel "Geheimnisse japanischer Lebenskunst" warnen sollen - hier
wird keine rührende Liebesgeschichte à la "Madame Butterfly" oder
der angeblich authentische Bericht einer japanischen Liebesdienerin aufbereitet,
sondern harte Fakten. Die Soziologin und Psychologin Ursula Richter arbeitete
zehn Jahre lang als Professorin an der Faculty of Education der Miyazaki
University in Japan, und räumt auf mit den westlichen Klischeevorstellungen.
Ihr Bild der Geisha, eingebettet in einen historischen und gesellschaftlichen
Zusammenhang, ist komplex. 21 Kapitel erzählen von "Mythos und
Realität" bis zur "Liebe und Lebenswelten im heutigen Japan" auf
leichtfüßige Weise Wissenswertes und Interessantes. Zwar sind die meisten
ihrer Aussagen über die Rolle der Geisha in der japanischen Gesellschaft nicht
völlig neu, doch die umfassend ausgeloteten Zusammenhänge eröffnen neue
Blickwinkel. Wirklich Erstaunliches tritt zutage, wenn Ursula Richter die
Beziehungen zwischen Frauen und Männern im heutigen Japan analysiert und eine
für unsere westlichen Vorstellungen sehr fremd anmutende Zukunftsaussicht für
Ehefrauen, Geishas und alle anderen Frauen entsteht.
Fazit
Sehr interessantes Sachbuch zu einem exotischen, spannenden Thema.
Vorgeschlagen von Annette Rieck
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veröffentlicht am 06. Januar 2007 2007-01-06 14:15:22