Sergej Lukianenkos Roman "Wächter der Nacht" wurde vielfach gelobt.
Das Buch des 1968 in Kasachstan geborenen Autors wurde aus dem Russischen
übersetzt, nachdem die erste der drei Geschichten als Kinofilm herauskam.
Zunächst hatte mich das Buch an russische phantastische Literatur - etwa
Bulgakows: "Meister und Magarita" erinnert. Worum geht es: Seit
Menschengedenken gibt es die sogenannten "Anderen": Vampire, Hexen,
Schwarzmagier. Unerkannt leben sie in unserer Welt. Doch diese Magier bilden
keine einheitliche Gruppe. Es gibt die Wächter der Nacht, die Wächter des
Tages und die Wächter des Zwielichts. Den "Wächtern des Tags"
obliegt es, einen vor langer Zeit zwischen den Organisationen geschlossenen
Waffenstillstand zu überwachen und Verstöße dagegen zu ahnden. Doch es
heißt, dass ein mächtiger Anderer kommen werde, der die Fähigkeit besitze,
das Gleichgewicht der Kräfte für immer zu verändern. Es muss verhindert
werden, dass er sich auf die Seite des Bösen schlägt, um die Welt vor dem
Chaos zu bewahren.
Chaotisch - dies ist aus meiner Sicht jedoch nicht der Andere, sondern die -
möglicherweise einer schlechten Übersetzung geschuldete - Schreibweise des
Autors. Die Grundidee, einmal das - vor allem in amerikanischen Fantasyromanen
vorhandene - Gut/Böse-Schema, welches von Anfang an eindeutig Gut und Böse
identifiziert und es Aufgabe des guten oder der guten Protagonisten ist, das
Böse oder den Bösen zu besiegen (Sauron, Voldemort, Arawn oder wie auch immer
diese Figuren heißen) - wird hier durchbrochen. Aber dies - und geschickte
Anspielungen auf bekannte russische Romane und Satiren (Ilf/Petrows 12 Stühle
werden erwähnt oder die Science-Fiction-Romane der Brüder Strugatzki) ist auch
die einzige Faszination, die ich dem Buch, welches aus drei miteinander
verzahnten Geschichten besteht, die in Ich-Form aus der Sicht des
"guten" Magiers Anton erzählt werden, abgewinnen kann. Anton muss den
mutmaßlichen Anderen, Jegor, dessen Schicksalslinien nicht bestimmt zu sein
scheinen, bewachen. In allen drei Geschichten kreuzen sich ihre Schicksale. Doch
entschieden wird nichts. Weder erfährt man, auf welcher Seite Antons
Vorgesetzter, sein Chef, ist, noch, warum er offensichtlich Intrigen und
Manipulationen durchführt. Alle Entwicklungen werden lediglich angerissen und
nicht erklärt - oder ich habe sie aufgrund der komplexen, aber m.E. nicht
durchdachten Handlungsstruktur nicht verstanden. Oder verliert der Autor nur die
Lust, die verworrenen Handlungsfäden zu erklären? Nun lese ich gerne
märchenhafte Fantasy, möchte aber glaubwürdige Charaktere und auch
glaubwürdige Handlungen haben. Da der Autor die Schicksale der einzelnen von
ihm eingeführten Charaktere nur andeutet und die Handlungen lediglich darin
bestehen, Leute zu überwachen und Intrigen, die merkwürdigerweise von den
eigenen Vorgesetzten inszeniert werden (den Grund dafür erfährt der Leser in
diesen Bänden nicht), kommt spätestens ab der zweiten Geschichte gähnende
Langeweile auf. Man merkt dem Buch meines Erachtens an, dass es geschrieben
worden ist, um es zu verfilmen. Doch Action Action Action um der Action willen
ohne gutdurchdachten Plot oder glaubwürdig handelnde Charaktere (es verwundert
bei den Verwicklungen durchaus, dass sie am Ende noch leben) reicht mir nicht
aus. Daher habe ich mich bereits nach der ersten Geschichte nicht nur
gelangweilt, sondern zunehmend durch das Buch durchquälen müssen. Ich habe es
jetzt - vor dem Ende der dritten Geschichte - weggelegt, da ich mir diese
unwahrscheinliche Handlungsgsstruktur nicht länger antun wollte. Dies mag
anderen Lesern anders gehen und ist zugegenermaßen ein hartes Urteil. Dennoch
hat dieser Roman - langatmig, unwahrscheinlich und ohne glaubwürdige Handlung
und glaubwürdige Charaktere, die eine Begründung ihrer Handlungen vermissen
lassen (oder ich habe sie nicht verstanden) mich absolut nicht überzeugt.
Fazit
Leider aus meiner Sicht daher mehr als enttäuschend.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 04. Dezember 2006 2006-12-04 23:47:04