Die 16-jährige Katja hat stets nach ihrem Gewissen gehandelt, ihren Kopf
durchgesetzt und die Folgen ihrer Entscheidungen getragen. Wenn die
Deutschlehrerin Umweltpapier kategorisch verbietet, benutzt sie es trotzdem und
kassiert eine schlechte Aufsatznote. Als Katja sich bei einem Jugendtreffen in
Ostberlin 1984 in Markus verliebt, scheint die Beziehung der beiden im durch die
Mauer geteilten Deutschland völlig aussichtslos. Katja kann Markus nur sehen,
wenn sie eine Mitfahrgelegenheit nach West-Berlin, eine preiswerte Unterkunft,
ein Tages-Visum für Ostberlin und Geld für den Zwangsumtausch am
Grenzübergang hat. Spätestens um Mitternacht muss sie den Grenzübergang nach
West-Berlin wieder überschritten haben. Katjas Eltern haben für diese Liebe
mit Hindernissen kein Verständnis, so dass Katja heimlich nach Berlin fährt
und dafür komplizierte Tarnungen konstruiert. Markus schmiedet verwegene
Fluchtpläne und weiß doch zu genau, welche Folgen ein Fluchtversuch für seine
Familie haben würde. Er empfindet das Korsett des sozialistischen Staates
besonders einengend; denn seine durch Bespitzelung und Denunziation erhobene
"Politische Zuverlässigkeit" bestimmt über die Zulassung zum
Studium.
Fazit
Katja Hildebrandt erzählt ihre eigene Geschichte und die Geschichte einer Zeit,
als kaum jemand sich ein ungeteiltes Deutschland vorstellen konnte. Sie zitiert
aus den aufgehobenen Briefen, die oft für Monate die einzige Verbindung
zwischen ihr und Markus waren. Die Autorin charakterisiert eine reife, für die
damalige Zeit ungewöhnlich gut über die Verhältnisse in der DDR informierte
Katja. Sie skizziert treffend die West-Berliner Hausbesetzer-Szene, in der sie
auf dem Weg zu Markus übernachtete. Katjas und Markus Liebe steht
stellvertretend für die Ost-West-Beziehungen, die durch den Wecker geprägt
waren, der die verbleibende Zeit bis zum Ablauf des Tages-Visums anzeigte.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 08. Oktober 2006 2006-10-08 10:05:02