Das Keuschheitsgelübde der katholischen Kirche ist schon lange ein Streitpunkt
unter den Gläubigen, und ebenso unter den Vertretern der Kirche selbst. Neue
Schätzungen laufen darauf hinaus, dass bis zur Hälfte der katholischen
Priester sexuelle Beziehungen zu Frauen oder Männern haben, und heimlich und
unter zum Teil entwürdigenden Umständen zu verbergen versuchen, dass auch sie
Intimität und menschliche Wärme in einer Beziehung oder Familie suchen. Das
Kind eines katholischen Priesters zu sein, ist bis heute fast überall auf der
Welt ein Stigma. In ihrem Buch "Gottes heimliche Kinder" porträtieren
die Politikredakteurin des Magazins "Der Spiegel" Annette Bruhns und
ihr Kollege Peter Wensierski fünfzehn Söhne und Töchter katholischer Priester
aus Deutschland. So unterschiedlich die Situation der Betroffenen ist - von der
Konstellation des Paters, der geduldetermaßen mit seiner
"Haushälterin" und deren unehelichen Kindern im Pfarrhaus wohnt, bis
hin zur Abtreibung des ungewollten Babys - fast allen Situationen ist eines
gemeinsam: Lüge, Heimlichkeit und Heuchelei. Es ist erschreckend zu lesen, was
für Leid und Schmerzen die Betroffenen durchmachen; durch Lebensumstände, die
das Gegenteil von dem produzieren, was die Kirche eigentlich zum Ziel haben
sollte: Liebe weitergeben. Die zum Teil erschütternden Porträts sind
eingebettet in einen historischen Abriß über den Zölibat, Stellungnahmen
eines Kinder- und Jugendpsychiaters und des für seine kritischen Fragen
bekannten Theologen Jürgen Drewermann. Die Erfahrungen der Autoren bei der
Arbeit an dem Buch und eine Adressliste von Anlaufstellen und Iniativen für
Betroffene runden das spannende und bewegende Buch ab.
Fazit
Informativ, aufrüttelnd, bewegend: höchst empfehlenswert!
Vorgeschlagen von Annette Rieck
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veröffentlicht am 08. September 2006 2006-09-08 12:02:02