Doris Lange hat nur einen Wunsch: sie möchte so gerne zaubern können. Das
würde viel Abwechslung in ihr sonst so tristes Leben bringen. Eines Tages lernt
sie einen Storch kennen, der ihr erzählt, wie sie das Zaubern lernen kann. Und
Doris übt und übt. Monate, Jahre. Tatsächlich, eines Tages gelingt es ihr.
Sie hat nun die Fähigkeit über Grenzen hinweg zu sehen und zu erahnen, wann
und wo Menschen in Not geraten. Und was noch viel besser ist, sie kann helfen
und eingreifen, ohne selbst in Erscheinung treten zu müssen. Klar, dass das
eines Tages die Polizei auf den Plan ruft. Nun muss Doris Lange sich
entscheiden: für ein Leben in Freiheit oder für eines in den alten
Zwängen...
Franz Fühmann hat mit "Doris Zauberbein" ein hochbrisantes
politisches Märchen geschrieben. Der Schriftsteller, der in den engen Grenzen
der ehemaligen DDR lebte und sich dennoch von seinem Land nicht trennen mochte,
hat ein wenig aus dem Leben eines Menschen berichtet, der nicht einverstanden
war mit dem politischen System seiner Zeit. Der kritisch beobachtete und
anmerkte, der half und eingriff, wenn es von Nöten war.
Natürlich kann man diese Geschichte auch als Kinderbuch lesen. Dann wird die
Geschichte eines Mädchens erzählt, dass sich durch große Anstrengung einen
lang gehegten Traum erfüllen kann. Dann ist Doris Zauberbein nur ein schönes
Märchen.
Wer aber weiß, wie die Verhältnisse in der ehemaligen DDR waren, der wird
aufmerksamer die Zeilen studieren und - so wie damals - zwischen ihnen lesen.
Der wird sehen, dass hinter der Oberfläche noch eine ganz andere Geschichte
steckt. Eine Erzählung, die weitaus tiefer geht. Gesellschaftskritik pur und
die Aufforderung, seinem Land treu zu bleiben, denn wenn alle Kritiker gehen
würden, wer sollte das System dann noch kritisch beäugen?
Fazit
Heute hat sich die Deutsche Demokratische Republik längst selbst überlebt. Ein
deutscher Staat ist entstanden. Und Franz Fühmann? Hat er an Aktualität
verloren? Sicher nicht, mag man antworten. Denn ein politisches System kritisch
zu hinterfragen kann nie falsch sein. Egal in welchem politischen System man
lebt!
Vorgeschlagen von Martina Meier
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veröffentlicht am 28. Juni 2006 2006-06-28 08:35:49