Für einen Vortrag suchte ich nach Werken über die amerikanische Geschichte.
Der vorliegende Band von Gerhard Besier und Gerhard Lindemann untersuchen die
amerikanische Geschichte unter dem Freiheitsbegriff, den sie - in Anlehnung an
die neuere Forschung von I. Berlin, H. Arendt und J. Rawls definieren, indem sie
"positive" und "negative" Freiheit voneinander abgrenzen.
Ähnlich wie das 2003 erschienene Buch von Detlef Junker: "Power and
Mission", mit dem die Thematik des vorliegenden Bandes am ehesten zu
vergleichen ist, untersuchen sie anhand der amerikanischen Geschichte die
Freiheitsvorstellungen der USA und beschreiben - ähnlich wie Junker - die
Ambivalenzen des amerikanischen Freiheitsmythos. Insbesondere kritisch stehen
sie der Innen- und Außenpolitik der derzeitigen Administration von George W.
Bush junior gegenüber, dem sie in Innen- wie Außenpolitik eine Spaltung der
amerikanischen Nation und eine Polarisierung des Landes vorwerfen:
"Während Clinton seine Partei zur Mitte führte, drängte Bush die seine
immer weiter nach rechts und sorgte so für eine wachsende Polarisierung."
(S. 243). Aufgrund ihrer "Zukunftszugewandtheit" und ihres Optimismus
würden sich viele Amerikaner auf dem Weg nach oben sehen. Daher schätzten sie
"eine Politik zugunsten jener, denen es besser geht." Dieses
optimistische Denken gehöre zur amerikanischen "Volkssele" und sei
Teil des "nationalen Messias-Komplexes" der amerikanischen Nation.
Eine pragmatische Geschichtsvergessenheit sei die Kehrseite dieser
Zukunftsgewandtheit. Werden die Fehlentwicklungen, die die USA unter der
Präsidentschaft Bushs aus Sicht der Autoren einschlugen, wieder korrigiert
werden können? Die Autoren sind da optimistisch. In Anlehnung an den Historiker
Arthur Schlesinger bilanzieren sie: "Es wird eine schlimme Zeit, aber der
große Vorzug unserer Demokratie ist die Fähigkeit zur Selbstkorrektur."
(S. 288).
Ich habe selten eine so komplexe, diffenzierte und philosophisch so fundierte
Analyse der Innen-, Außen- und Wirtschaftspolitik der USA gelesen. Nicht nur
wird - ähnlich wie in dem Buch von Christian Hacke - die Kontinuität und der
Wandel in der Politik der Bush-Administration deutlich hervorgearbeitet. Die
philosophischen Grundlagen des amerikanischen Freiheitsgedankens und die
Einstellung der Bürger und der Eliten des Landes wird sehr gut dargestellt.
Die Autoren haben umfangreich recherchiert und eine Vielzahl an Quellen
verwendet, die sie - leider recht unübersichtlich (mein einziger Kritikpunkt)
am Ende im Kapitel: "Quellen und Literatur" darbieten.
Fazit
Für mich die - neben dem Werk von Detlef Junker - bislang beste Darstellung zum
Thema amerikanische Geschichte und Philosophie. Sehr lesenswert.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 11. Juni 2006 2006-06-11 17:06:20