Apokalyptisch - so und nicht anders wirken die Bilder, die der kanadische
Fotograph Robert Polidori von Pripjat und der "Zone" um den
Reaktorblock von Tschernobyl aufgenommen hat. "Eine Rückkehr gibt es
nicht. Lebt wohl! Pripjat, 28. April 1986." Das Ende eines Paradieses aber
auch einer Illusion, der Illusion der immerwährenden Sicherheit und
Geborgenheit, war mit dem furchtbaren Reaktorunglück von Tschernobyl am 26.
April 1986 für immer verloren gegangen. Nach der Katastrophe wurden die
Menschen in der Umgebung von Pripjat evakuiert. 116 000 Menschen mußten ihre
Heimat, ihre Städte und Dörfer im Umkreis von 30 Kilometern um das
Kernkraftwerk verlassen - das Gebiet selber wurde zur "Zone" - wie es
Jujij Tscherbak in seinem unvergesslichen Buch über Tschernobyl beschrieben
hat. Wen dieses Buch beeindruckt hat, den müssen die Bilder Polidoris, der das
Kraftwerk, Pripjat und die Zone in ihrer gespenstigen Leere zeigt, ebenso
berühren. Tschernobyl ist Sinnbild für die Endlichkeit eines
menschenverachtenden Systems, welches technischen Fortschritt über die
Sicherheit der ihm anvertrauten Menschen stellte [und diesen Vorwurf muß man
der damaligen sowjetischen Führung, die lange zu den Ereignissen schwieg und
diese dann lange Zeit bagatellisierte, machen]. Wer wissen möchte, was die
Reaktorkatastrophe von 1986 bewirkt hat - der lese Jurij Tscherbaks noch heute
bahnbrechende Schilderung des Unglückes und betrachte die Bilder von Robert
Polidori, die in Nahaufnahme Chaos, Unordnung und Verlassenheit einer
apokalyptischen Landschaft zeigen - in der normaler Alltag lange Zeit nicht
möglich sein wird.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 05. April 2006 2006-04-05 00:06:16