Ein schönes Buch hat Elisabeth Zöller nicht geschrieben. Aber ein Buch, das
sich mit der menschenverachtenden Gewalt unter Jugendlichen beschäftigt, kann
auch nicht schön sein. Dafür ist das Thema zu hart, zu schwierig. Wer seichte
Unterhaltung möchte, nein, der sollte "Ich schieße ... doch" erst
gar nicht zur Hand nehmen.
Wer aber erfahren möchte, wie jemand sich fühlt, der jahrelang von seinen
Mitschülern drangsaliert und gequält wurde, der so weit war, dass er seinem
jungen Leben ein Ende setzen wollte, dann aber die eigene unterdrückte
Aggression, den Hass, der sich aufgestaut hat, gegen die Täter richtet - und
schließlich doch gerettet wird, der kommt an diesem Buch einfach nicht
vorbei.
Es ist ein Buch, dass beide Gruppen gleichermaßen angeht: die Opfer, weil ihnen
das Buch Hilfe sein kann; den Tätern, weil sie sehen, was sie tief drinnen bei
jemandem anrichten, der gequält wird. Vielleicht ein erster Schritt heraus aus
der Gewalt...
Erzählt wird die Geschichte von Niko aus unterschiedlichen Perspektiven. Die
Autorin Elisabeth Zöller rollt zunächst einen Gerichtsprozess auf. Auf der
Anklagebank sitzen eben jene "Jungs", die Niko jahrelang misshandelt
haben - in der Schule, der Freizeit und Zuhause. Lange Zeit bleibt die bange
Frage "Haben sie ihn getötet" unbeantwortet. Doch so weit geht das
Buch nicht, wenn es auch bis zu einem Tötungsdelikt nur noch ein winzig kleiner
Schritt gewesen wäre...
In diesem Prozess wird die "Außenwelt" dargestellt. Nikos Familie
berichtet, die Freundin. Wer trägt welche Schuld? Wie hätte man was verhindern
können? Wer hat was von den jahrelangen Prügeleien und Quälereien bemerkt?
Auf der anderen Seite gibt es Tagebuchaufzeichnungen Nikos. In ihnen beschreibt
der Junge die "Innensicht" der Geschehnisse. Welche fürchterlichen
Ängste er auszustehen hat, wenn die Klassenkameraden wieder einmal einen
Angriff auf ihn ausüben. Ihn treten. Ihn prügeln. Mit dem Kopf in die Toilette
stecken. Ihn erpressen.
Leider, so liest man viel zu oft in den Medien, handelt es sich bei dem Buch
zwar um eine fiktionale Story - reine Fiktion aber ist sie leider nicht.
Zunehmende Gewalt unter Kindern und Jugendlichen, das ist das Thema, dem sich
Elisabeth Zöller verschrieben hat. Mit ihren Büchern will sie wachrütteln,
will sie aufmerksam darauf machen, dass es andere Wege gibt - auch Wege aus der
Gewalt.
Fazit
Und damit niemand alleine ist und Hilfsangebote schnell und unkompliziert
findet, sind im Anhang dieses 149 Seiten starken Buches, dass sich an eine
Zielgruppe ab etwa 13 Jahre wendet, Adressen vermerkt, an die sich jeder wenden
kann, der in Not ist - oder der jemanden kennt, der in solch eine scheinbar
ausweglose Situation gekommen ist.
Sicher bietet sich dieses Buch auch als Unterrichtslektüre an. Im Loewe-Verlag
sind Lehrerhandreichungen erschienen, die in gedruckter Form angefordert werden
können oder im Internet als Download bereit stehen.
Vorgeschlagen von Martina Meier
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veröffentlicht am 26. Januar 2006 2006-01-26 19:08:02