Zugegeben: Das Amulett von Samarkand hat mir gefallen. Nicht nur die Handlung
war spritzig und witzig gemacht, auch die Idee - ein uralter Dschinn greift in
das Geschehen der heutigen Zeit ein und schildert in Ich-Form seine Erlebnisse
im heutigen London - war hervorragend gemacht. Und so bestellte ich mir - voller
Sehnsucht und Erwartung - Band 2. Dieser ist insofern komplexer, als er neben
den beiden Hauptfiguren des ersten Bandes - dem Jungen Nathanael und dem Dschinn
Bartimäus mit Kitty eine dritte Hauptfigur schafft. Sie war zwar im 1. Teil
kurz vorgekommen, aber dort eine - negativ gezeichnete - Randfigur geblieben.
Vielleicht war mir im ersten Teil entgangen, weshalb ich diesen so mochte: es
war insbesondere der Witz von Bartimäus - während ich die andere Hauptfigur,
Nathanael, schon damals eher blass empfunden habe. Der jetzige Band mag
düsterer sein, ich selber finde ihn langatmiger und einfach weniger spannend.
Auch die Handlung ist aus meiner Sicht zerfaserter, was durch die stärkere
Komplexität durch die Einbeziehung einer weiteren Hauptfigur - Kitty - bedingt
sein mag. Der Humor von Bartimäus kommt hier zwar auch vor, wirkt aber eher
abgedroschen und kommt eindeutig zu kurz. Schade, denn ich hatte mich sehr auf
diese Fortsetzung gefreut. War Band 1 überragende Fantasy, so kann ich dies vom
2. Teil (leider) nicht sagen; er "packt" nicht. Natürlich bleibt es
spannend zu sehen, wie sich die Beziehung zwischen Kitty und Nathanael im
dritten und letzten Band der Trilogie weiter entwickelt. Die Charaktere jedoch
wirken - ganz im Gegensatz zu Harry Potter - relativ fern und konstruiert; hielt
Band 1 durchaus noch den Vergleich mit diesen Bänden aus - und jeder neue
Fantasy-Band mit einem jugendlichen - nun 14-jährigen - Zauberlehrling muss
sich mit Harry Potter vergleichen lassen - so ist dieser Band einfach
schwächer. Nathanael, im ersten Band durchaus komplex und differenziert in
seinen Charakteranlagen, mutiert nun vollkommen zum unsympathischen Fiesling.
Fazit
Eine Identifikationsfigur - wie es der Dschinn Bartimäus im 1. Teil gewesen ist
- fehlt hier, da dessen Auftritte zu kurz sind. Fazit: Der Band ist meines
Erachtens zwar düsterer, möglicherweise auch komplexer als sein Vorgänger,
erreicht aber keinesfalls dessen Faszination. Durchschnitt.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 21. Oktober 2005 2005-10-21 00:45:58