Der sechste Teil der Reihe beschreibt die Vorbereitung des Endkampfes von Harry
mit Lord Voldemort, dem finsteren und gefährlichen Gegenspieler.
Die Geschichte beginnt mit einem Treffen des amtierenden britischen
Premierministers mit dem bisherigen Zaubereiminiser Fudge. Dieser informiert den
britischen Regierungschef über wichtigeEreignisse in der Welt der Zauberer, die
der Leser aus den vorherigen Bänden bereits kennt. Cornelius Fudge setzt den
Premierminister über die aktuellen Geschehnisse in Kenntnis und teilt ihm mit,
dass er, Fudge, aufgrund der jüngsten Ereignisse als Zaubereiminister abgesetzt
woren sei. Er stellt dem überraschten Premierminister seinen Nachfolger als
Zaubereiminister vor. Es handelt sich um den sehr energischen Rufus Scrimgeour,
der zuvor die Abteilung der Auroren im Ministerium geleitet hatte.
Im folgenden Kapitel: "Spinners End" kommt es zu einem konspirativen
Treffen zwischen Narcissa Malfoy, Bellatrix Lestrange und Severus Snape.
Narcissa hat erfahren, dass ihr Sohn Draco von Voldemort einen wichtigen Auftrag
erhalten hat. Sie fürchtet, Draco werde diesen Auftrag, über den der Leser
zunächst nichts erfährt, nicht erfüllen können. Snape schwört jedoch den
"Unbreakable Wow", einen "unbrechbaren Schwur", Draco bei
seiner Aufgabe zu unterstützen und ihn zu schützen. Dadurch beruhigt er
Narcissa und besänftigt das Misstrauen, dass Bellatrix gegen Snape empfindet.
Snape stellt sich als loyalen Anhänger Voldemorts dar, der von diesem als Spion
nach Hogwarts geschickt worden sei, um Dumbeldore auszuspionieren.
Harry wird unterdessen von Albus Dumbledore bei den Dursleys abgeholt. Er soll
ihn dabei unterstützen, den jovialen, aber sehr eigennützigen früheren
Professor Horace Slughorn als Lehrer nach Hogwarts zu holen. Dies gelingt. Zum
Erstaunen aller übernimmt Slughorn den Posten von Severus Snape als Professor
für Zaubertränke. Snape hingegen wird der neue Professor der Verteidigung
gegen die Dunklen Künste, was er immer angestrebt hatte.
In der ersten Schulstunde "Zaubertränke" erhält Harry durch Zufall
ein gebrauchtes Lehrbuch, in dem eine Person, die sich "Halbblutprinz"
nennt, offenbar ein ehemaliger Schüler, nützliche und auch selbst erfundene
Zaubersprüche notiert hat. Mit deren Hilfe gelingt ihm die Zubereitung von
Zaubertränken erstmals problemlos, was ihn schnell zu Professor Slughorns
Lieblingsschüler macht, allerdings auch den Neid von Hermine einträgt, die es
nicht verwinden kann, nicht mehr die beste Schülerin in jedem Schulfach zu
sein.
Während der folgenden Wochen berichtet der "Tagesprophet" über eine
zunehmende Anzahl verschwundener und auch ermordeter Personen. Auch in Hogwarts
werden Katie Bell und Ron durch Giftanschläge beinahe getötet, woraufhin die
allgemeine Unruhe zunehmend in Panik übergeht. Harry gelangt immer mehr zu der
Überzeugung, dass Draco Malfoy hinter allem steckt und dabei mit Snape
zusammenarbeitet, zumindest aber von diesem gedeckt wird. Er erfährt von dem
"unbrechbaren Schwur" Snapes und bekommt heraus, dass dieser Schwur
denjenigen tötet, der ihm zuwiderhandelt.
Harry versucht nun wie besessen, Snapes und Malfoys Pläne herauszufinden, zumal
Draco ab und zu auf geheimnisvolle Art und Weise in Hogwarts verschwindet und
nicht einmal durch die Karte des Rumtreibers zu entdecken ist. Harry glaubt,
dass Snape und Draco loyale Anhänger von Voldemort sind. Doch hier steht Harry
allein. Selbst Ron und Hermine sind seine Vermutungen zu weit hergeholt. Sie
glauben, dass Malfoy viel zu jung dafür ist, um ein Todesser zu sein und von
Voldemort wichtige Aufträge anvertraut zu bekommen. Snape wiederum habe
wahrscheinlich von Dumbledore die Aufgabe bekommen, Draco auszuspionieren. Harry
wendet sich auch an Lupin, Mr. Weasley und schließlich an Dumbledore selbst.
Doch alle weisen seine Vermutungen zurück. Dumbledore besteht außerdem
energisch auf der Feststellung, dass er Professor Snape trotz aller
Anschuldigungen, die Harry vorbringt, weiterhin uneingeschränkt vertraut.
Dumbledore gibt Harry jedoch zusätzliche Privatstunden, damit er interessante
Einblicke in die Persönlichkeit von Lord Voldemort, auch bekannt als Tom
Riddle, erhalten kann. Dies sei, so Dumbledore, notwendig, um ihn zu besiegen.
Es werden Riddles unglückliche Kindheit in einem Waisenhaus, seine grausamen
Charakterzüge, sein Streben nach Macht und seine Unfähigkeit zu persönlichen
Beziehungen beleuchtet. Durch das Studium der Erinnerungen verschiedener
Personen erfährt Harry immer mehr über Ziele und Vorgehensweise des jungen
Riddle, der schließlich dazu übergegangen ist, sich selbst
"Voldemort" zu nennen. Dieser hat sich insgesamt zweimal um den Posten
des Lehrers für die Verteidigung gegen die Dunklen Künstein Hogwarts beworben,
wurde aber beide Male von Dumbledore abgelehnt. Daraufhin hat er den Posten des
Lehrers für die Verteidigung gegen die Dunklen Künste verhext. Jeder, der ihn
annimmt, verlässt die Schule noch im gleichen Jahr. Es bleibt offen, warum
Dumbledore in Kenntnis dieser Sachlage in diesem Band Snape diesen Posten
überträgt.
Als Dumbledore dank Harry eine zuvor geheim gehaltene Erinnerung Professor
Slughorns zu sehen bekommt, glaubt er zu erkennen, dass der dunkle Lord in
seinem Bestreben nach Unsterblichkeit seine Seele in insgesamt sieben Teile
aufgeteilt hat. Nur so sei es überhaupt möglich gewesen, dass er nach dem
missglückten Mordversuch an Harry, der auf ihn selbst zurückgeschlagen war,
nicht vollständig starb. Nach Dumbledores Vermutung versteckte Voldemort sechs
Teile seiner Seele in verschiedenen Gegenständen, so genannten Horkruxen. Der
siebte Teil befindet sich inzwischen in seinem wiedererlangten Körper. Um den
dunklen Lord endgültig besiegen zu können, müssen daher vorher alle anderen
sechs Teile gefunden und zerstört werden. Einen davon hat Harry bereits
vernichtet, es handelte sich um das Tagebuch von Tom Riddle, einen weiteren
konnte Dumbledore unschädlich machen.
Harrys Hass gegenüber Professor Snape erreicht einen neuen Höhepunkt, als er
durch Professor Trelawney erfährt, dass es einst Snape war, der die
Prophezeiung, es gebe einen "Auserwählten", teilweise belauschte und
unverzüglich an Lord Voldemort weitergab. Snape ist somit mitverantwortlich
für den Tod von Harrys Eltern. Doch Dumbledore steht gerade deshalb weiter zu
Snape: Dieser sei von der Ermordung der Potters so geschockt gewesen, dass er
dem dunklen Lord daraufhin endgültig den Rücken gekehrt und sich Dumbledore
angeschlossen habe.
Die Handlung steuert ihrem Höhepunkt entgegen, als Harry und Dumbledore
gemeinsam Hogwarts verlassen, um einen weiteren Horkrux - Slytherins Medaillon -
zu suchen und zu vernichten. Als sie diesen tatsächlich in einer magischen
Höhle finden, befindet er sich auf dem Grund eines kleinen Sees, der mit einer
unbestimmten Flüssigkeit gefüllt ist. Dumbledore findet heraus, dass die
Flüssigkeit getrunken werden muss, damit man das Medaillon an sich nehmen kann.
Er entschließt sich zu diesem Schritt und wird vergiftet. Harry hilft ihn, nach
Hogwarts zurückzukehren. Dort angekommen, geht es Dumbledore immer schlechter,
und sie sehen das Dunkle Mal der Todesser über der Schule schweben. Dies ist
ein Zeichen dafür, dass sie während Dumbledores Abwesenheit in die Schule
eingedrungen sind. Dies gelang ihnen mit Dracos Hilfe, der einen geheimen Weg
dazu entdeckt hatte. Es wird deutlich, dass Draco von Voldemort tatsächlich
einen Auftrag erhalten hat. Er soll Dumbledore töten. Draco hat deshalb auch
die Anschläge auf Katie und Ron verübt. Diese hätten eigentlich Dumbledore
treffen sollen.
Nachdem Draco den durch das Gift geschwächten Schulleiter auf dem
Astronomieturm, dem höchsten Turm in Hogwarts entwaffnen kann, verunsichert ihn
Dumbledore so sehr, dass er es nicht fertigbringt, seinen Auftrag zu vollenden
und den Schulleiter zu töten. Doch es finden sich weitere Todesser ein, die
Malfoy mit zunehmender Ungeduld auffordern, seine Aufgabe zu erfüllen. In
dieser Situation erscheint schließlich Snape, sein Gesicht voller Abscheu und
Hass. Anstelle Dracos tötet er Dumbledore mit dem Avada Kedavra-Fluch.
Dumbledore hatte zuvor Harry, der die Szene unter seinem Tarnmantel versteckt
beobachtet, immobilisiert und ihm damit wahrscheinlich das Leben gerettet.
Zusammen mit Draco und den anderen versucht Snape zu fliehen, wird dabei von
Harry verfolgt. Die Zaubersprüche aus dem Buch des Halbblutprinzen werden von
Snape aber problemlos abgewehrt, da er sie selbst erfunden hat: Snape gibt sich
als der Halbblutprinz zu erkennen. Seine Mutter war eine geborene Prinz und
heiratete den Muggel Snape - was seinen Sohn Severus zu einem Halbblut macht.
Ihm und Draco gelingt die Flucht.
Der Angriff der übrigen Todesser wird mit vereinten Kräften der Lehrer und der
Mitglieder des Phoenix-Ordens zurückgeschlagen. Bill Weasley wird während des
Kampfes von Fenrir Greyback, einem Werwolf, schwer verletzt. Es bleibt offen, ob
Bill durch den Biss Greybacks selbst zu einem Werwolf geworden ist.
Nach Dumbledores Tod steht die ganze Schule unter Schock. Minerva McGonagall
übernimmt die Schulleitung. Das laufende Schuljahr wird kurz vor seinem
regulären Ende abgebrochen. Offen bleibt, ob die Schule nach Dumbeldores Tod
für immer geschlossen wird. Es folgt das Begräbnis von Albus Dumbledore, bei
dem sich vielerlei Personen der vorhergehenden Romane einfinden, um dem
Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen.
Es stellt sich heraus, dass es sich bei dem von Harry und Dumbledore gefundenen
Medaillon wahrscheinlich nicht um einen Horkrux, sondern um eine Imitation
handelt. Das Medaillon enthält nämlich eine Nachricht, die an den dunklen Lord
gerichtet ist. In ihr steht, dass der echte Horcrux von einem gewissen R.A.B.
entwendet wurde. Dieser habe vor, das Original zu zerstören. Die Identität von
R.A.B. bleibt im Dunkeln.
Harry entschließt sich dazu, im nächsten Schuljahr nicht nach Hogwarts
zurückzukehren. Stattdessen will er die verbleibenden Horkruxe finden und
anschließend Voldemort und Snape zur Strecke bringen. Ron und Hermine
versprechen, dass sie an seiner Seite kämpfen werden.
Nachdem Harry bereits mit Cornelius Fudge Probleme hatte, verbessert sich sein
Verhältnis zum Ministerium auch unter Fudges Nachfolger Rufus Scrimgeour nicht.
Der neue Magieminister möchte den inzwischen wieder sehr populären Harry gerne
für seine aktionistische Politik instrumentalisieren. Doch Harry stellt klar,
dass er die Politik des Ministeriums missbilligt und sich nicht für etwas
hergeben möchte,das er ablehnt. Er sei "durch und durch Dumbledores
Mann" - auch nach dessen Tod.
Das "Böse" rückt näher. Wie Thomas Kielinger zu recht in der
"Welt" festgestellt hatte, muss Harry den Endkampf mit Voldemort
alleine durchstehen. Es gibt niemanden mehr, der ihn schützen kann. Daher war
Dumbledores Tod - von der Dramaturgie der Handlung her - auch dringend
notwendig. Auf S. 648 heißt es: "Und Harry...sah ganz deutlich, wie die
Menschen, denen er etwas bedeutete, sich einer nach dem anderen vor ihn gestellt
hatten, seine Mutter, sein Vater, sein Pate und schließlich Dumbledore, alle
entschlossen, ihn zu schützen; aber nun war das vorbei...der letzte und
größte seiner Beschützer war gestorben und nun war er so allein, wie er es
noch nie gewesen war."
Die Autorin verschont den Leser nicht mit Tod und Trauer. Die Beerdigungsszene
gehört zu den intensivsten und besten Schilderungen des gesamten Zyklus.
Auf welcher Seite Snape steht, bleibt - so paradox dies klingt - offen. Auch der
Grund des Vertrauens, dass Dumbledore bis zum Schluss in Snape hegt, ist nicht
geklärt. Möglicherweise hat - so spekuliere ich - Snape ein Verhältnis zu
Harrys Mutter Lilly gehabt; dies würde Dumbledores Vertrauen erklären.
Offensichtlich ist, dass die Erklärung, die Harry gegenüber den
Ordensmitgliedern in dieser Hinsicht gibt, auf einem Irrtum Harrys beruht; denn
Dumbledore erklärt Harry niemals explizit den Grund für sein Vertrauen in
Snape. Die Tatsache, dass Snape angeblich Reue über seine Rolle beim Tode von
Harrys Eltern verspürt habe, wird von Dumbledore gegenüber Harry nie als Grund
für sein Vertrauen in Snape benannt. Voldemort kennt - im Gegensatz zu Harry -
und vermutlich Snape - nicht die Macht der Liebe. Vielleicht ist die Liebe
Snapes zu Harrys Mutter eine Möglichkeit, dass Snape in Band 7 Harry im
Endkampf gegen Voldemort hilft oder sich für Harry opfert. Dumbledore scheint
jedoch mit einer Schuld beladen zu sein; anders sind seine Selbstvorwürfe, die
er unter dem Einfluß des vergifteten Wassers am magischen See von sich gibt,
nicht zu erklären. Michael Maar hat in seinem Bestseller: "Warum Nabokov
Harry Potter gemocht hätte", bereits geschrieben, dass Schuld offenbar das
zentrale Motiv der Harry-Potter-Bände sei: "Die Maus aller Wurzel heißt
Schuld" schreibt Maar in dem Nachwort zur aktualisierten Ausgabe vom
November 2003. Auf jeden Fall hat die Autorin angekündigt, dass es zu der
Frage, warum Dumbledore Snape vertraute im letzten Band weitere Informationen
geben wird. Dies ist auch dringend notwendig, denn sonst wäre Dumbledore nichts
weiter als ein Narr, der auf einen Lügner - Snape - hineingefallen wäre und
dies wäre etwas billig.
Kritisch zu werten ist die Veränderung im Charakter von Hermine. Sie ist mit 16
keineswegs "reifer" und ihr Neid gegenüber Harry enttäuscht.
Allerdings überwindet sie sich am Ende und bietet Harry ihre Hilfe im Endkampf
mit Voldemort an. Damit gewinnt der Zyklus eine gewisse Ähnlichkeit mit dem
"Herrn der Ringe", wie ja auch andere Motive - etwa des Hades aus der
griechischen Sage - in dem Band (bei der Szene im magischen See und den darin
befindlichen von Voldemort getöteten Leichen) anklingen.
Thomas Kielinger ist darin recht zu geben, dass insbesondere im Vergleich mit
Band 5 der sechste Band deutlich besser ist. Er ist spannender und kompakter.
Der Leser hat nicht das Gefühl, dass die Länge des Bandes Ratlosigkeit
wiederspiegelt, wie dies zeitweise im "Phoenix" erschien. Störend
sind die zahlreichen Nebenhandlungen, etwa die zahlreichen Liebesbeziehungen und
die Quidditsch-Spiele, die - im Gegensatz zu früheren Bänden - eher
ereignislos sind und die Handlung aufblähen, ohne dass mir ein Sinn erkennbar
wurde. Insofern haben kritische Rezensenten dieses Bandes durchaus recht.
Insgesamt aber werden diese Schwächen durch die spannende Handlung, die
faszinierende Idee mit den Horkruxen und den intensiven Schlußszenen (den
intensivsten, die ich in dem Zyklus kenne) und der schonungslosen Darstellung
von Tod und Trauer mehr als ausgeglichen.
Fazit
Trotz aller Schwächen ist der Band daher sehr gut und gehört zu den Besten der
Serie.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
[Profil]
veröffentlicht am 30. September 2005 2005-09-30 21:05:27