In die Welt vergangener Zeiten kann man auf verschiedene Art und Weise
eintauchen. Man kann sich den reinen Fakten widmen, geschichtliche Daten und
Ergeignisse pauken - man kann aber auch den einzelnen Menschen betrachten und
anhand seiner persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen eine ganze Epoche
aufarbeiten.
Genau dieses Vorgehensweise hat sich Waldtraut Lewin in ihrem Buch "Die
letzte Rose des Sommers" zu Eigen gemacht. Erzählt wird die Geschichte
einer großen Liebe, die zwischen Napoleon und seiner Frau Josephine, die mit
Ende der Französischen Revolution beginnt und schließlich in der Scheidung
wegen Kinderlosigkeit ihr dramatisches Ende findet.
Wie schon in ihrem ersten Buch "Wenn die Nacht am tiefsten", die die
historische Liebe zwischen Caesar und Kleopatra zum Inhalt hat, gelingt es
Waldtraut Lewin auch in diesem neuen Buch wieder, Geschichte auf eine
unglaubliche Art und Weise lebendig werden zu lassen. Auch in diesem Werk stehen
Daten und Zahlen im Hintergrund und der einzelne Mensch mit seinem Fühlen,
seinen Gedanken und Erleben im Mittelpunkt des Geschehens.
Doch natürlich orientiert sich die Autorin an den historischen Gegebenheiten,
zitiert aus vielen überlieferten Briefen. Sie lässt den großen Mann der
französischen Geschichte, Napoleon, als Menschen wirken, nicht als Politiker.
Und Josephine? Auch ihre Beweggründe, den kleinen, um einige Jahre jüngeren
Korsen zu heiraten, werden deutlich. Während es nämlich bei ihm die große
Liebe ist, die ihn zu Rose, so Josephines eigentlicher Name, führt, ist es bei
ihr vor allen Dingen Berechnung, dem Mann ihr Ja-Wort zu geben.
Als Witwe mit zwei Kindern, verschwendungssüchtig wie sie ist und eben auch
nicht mehr ganz jung bei der ersten Begegnung, steht zunächst vor allen Dingen
der Versorgungsgedanke im Zentrum ihrer Entscheidung. Erst im Laufe der Jahre
und mit zunehmendem Erfolg ihres Mannes, militärisch und politisch, scheint sie
ihre Liebe für ihn zu entdecken. An seiner Seite steigt die gebürtige Kreolin
aus Martinique zur Kaiserin der Franzosen aus. Doch so imposant der Aufstieg
auch ist, fünf Jahre nach der Krönung ist für die Frau, die Männerherzen im
Sturm zu erobern verstand, alles vorbei. Napoleon lässt sich von ihr scheiden,
weil seine Frau nicht für einen Thronfolger sorgen kann, und heiratet
Marie-Louise, die Tochter von Franz I. von Österreich, die ihm noch nicht
einmal zwölf Monate nach der Eheschließung einen Sohn schenkt.
Doch mit der "Verbannung" Josephines nach Navarra in Südfrankreich
scheint auch Napoleons Glückssträhne beendet zu sein. Er muss abdanken, findet
auf Elba Zuflucht, schafft noch einmal den Sprung nach oben - doch nach 100
Tagen ist alles vorbei, Napoleon wird in der Schlacht von Waterloo vernichtend
geschlagen und auf die Insel St. Helena verbannt, wo er 1821 stirbt.
Die letzen Jahre von Napoleons Leben streift das Buch nur kurz. Die
Liebesgeschichte findet ihr Ende - natürlich - mit dem Tod Josefines, die
Napoleon Zeit seines Lebens als seine Glücksgöttin angesehen hat. Die Frau,
der der große Politiker und Feldherr auch noch nach der Scheidung immer wieder
Besuche abgestattet hat, deren Verhältnis, so deutet es Waldtraut Lewin in
ihrem Buch zumindest an, auch nach der offiziellen Trennung weiterging, stirbt
im Jahr 1814 an einer Kehlkopfentzündung.
Natürlich gibt die Autorin Waldtraut Lewin ihrem Werk auch ein Zeit- und
Personenregister bei, so dass der interessierte Leser die wichtigsten Daten
stets vor Augen hat.
Fazit
"Die letzte Rose des Sommers" ist ein Buch, das sich an eine
vielschichtige Leserschar wendet. Es spricht junge Leute, die mehr über die
Zeit nach der Französischen Revolution erfahren möchten, ebenso an wie
diejenigen, die gerne einmal biografische Werke zu Hand nehmen, und sich einmal
in die Welt von gestern zurückversetzen lassen.
An manchen Stellen nimmt sich Waldtraut Lewin übrigens auch in diesem Werk
wieder die Freiheit heraus, ihre eigene Sichtweise der Dinge und Geschehnisse
kommentatorisch einzubinden. Nicht zuletzt sind es diese persönlichen Aussagen
der Autorin, die das Buch so unverwechselbar machen.
Vorgeschlagen von Martina Meier
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veröffentlicht am 06. September 2005 2005-09-06 10:25:15