Die Buddenbrooks ist "der" deutsche Familienroman. Für ihn erhielt
der Autor, der am 12. August 1955 verstorbene Thomas Mann, den
Literaturnobelpreis. Zu recht. Es ist mit Sicherheit sein tiefstes und bestes
Buch und sicherlich einer der wichtigsten Romane der Weltliteratur. Der
Untertitel des Buches: "Verfall einer Familie" bezeichnet die
wichtigsten Elemente in der Handlung. Er beshreibt die Geschichte einer
Lübecker Patrizierfamilie, wobei Thomas Mann auch autobiographische Erlebnisse
in diese Familienchronik eingebaut hat. Hauptfiguren des zwischen 1835 und 1877
spielenden Romans sind der Kaufmann Thomas Buddenbrook, der vor seinem 50.
Geburtstag an einer unheilvoll verlaufenen Zahnbehandlung stirbt und sein junger
Sohn Kai, der musisch begabt und introvertiert ist, jedoch für Wirtschaft und
die Führung eines Familienbetriebs denkbar ungeeignet ist. Er stirbt im Alter
von 16 Jahren an Typhus, wird jedoch schon zuvor als lebensuntüchtig
dargestellt. Die Dekadenz, ein Zentralthema der Familie, wird am deutlichsten am
Bruder Thomas Buddenbrooks, dem Versager Christian, dargestellt, der mit seinen
Spekulationen eine Belastung für die Familie darstellt. Es sind also nicht nur
rein wirtschaftliche Motive, die den Untergang der Familie Buddenbrooks - sie
müssen in lübeck der neureichen Familie Hagenströhm weichen -, herbeiführen,
es sind Gründe in der Lebensauffassung, die Thomas Mann mit psychologischem
Falkenblick herausarbeitet. Das Buch und die hervorragende Fernsehverfilmung in
10 Teilen aus den 1970-ger Jahren sind bekannt. Wenn das
Harenberg-Literaturlexikon bilanziert, dass der Roman durch die Breite der
dargestellten Charaktere einen allgemeingültigen Zug bekommt, so ist diesem
Fazit uneingeschränkt zuzustimmen.
Aber ist der Roman nicht auch heute - 100 Jahre nach seinem Erscheinen - hoch
aktuell? Wenn das deutsche Sozialstaatsmodell heute kritisiert wird und
Veränderungen häufig angemahnt werden, so ist dies sicherlich aktuelle
Politik. Aber finden sich nicht auch Ansätze in den frühen Romanen der
Jahrhundertwende, etwa Gustav Freytags: "Soll und Haben" und eben hier
in den "Buddenbrooks" - thematisiert der Roman nicht ein Gefühl des
Verfalls, des Niedergangs, der heute auch die Wahrnehmung des deutschen
Wohlstandsstaates prägt? Es geht nicht darum, ob man diese politische Analyse
teilt. Es geht mir darum, zu zeigen, wie aktuell dieses Buch heute wieder
geworden ist; man lehnt sich beim erneuten Lesen zurück - ich tat dies zum
jetzigen 50. Todestag Thomas Manns im Jahr 2005 - und hat
"Deja-Vue"-Erlebnisse. Der Roman ist zeitlos - und daher meiens
Erachtens auch heute von ungeheurer Aktualität.
Fazit
Unbedingt lesenswert!
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 13. August 2005 2005-08-13 11:13:50