"Ich glaube, dass es in Deutschland in diesem Jahrhundert keine
bedeutendere, orginellere und interessantere Familie Familie gegeben hat als die
Manns" schreibt der bekennende Bewunderer Thomas Manns, Marcel
Reich-Ranicki. Anlässlich des 50. Todestages Thomas Manns im August 2005
erscheint diese erweiterte Ausgabe von Aufsätzen Reich-Ranickis zur Familie
Mann. Eine Erstausgabe war bereits 1987 erschienen. Jedoch wurden einige
Aufsätze, die später in Feuilletons erschienen oder in anderen
Aufsatzsammlungen Reich-Ranickis Eingang fanden, hier zusammengeführt.
Es gibt zahlreiche Darstellungen zur Familie Mann. Erinnert sei etwa an die
hervorragende Dokumentation von Heinrich Breloer aus dem Jahre 2001. Jüngst
erst haben Inge und Walter Jens bedeutende Biographien der Frau von Thomas Mann,
Katia Mann und jetzt eine interessante Darstellung der Schwiegermutter Thomas
Manns vorgestellt. Was macht die Familie so interessant? Wodurch wurde Thomas
Mann zu einem der bedeutendsten, wenn nicht zu dem bedeutensten
deutschsprachigen Schriftsteller in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts? Wie
sah die Beziehung des "unpolitischen" Thomas Mann zu seinem Bruder
Heinrich, dem Verfasser des "Untertan" aus? Wie verlief das Leben
Klaus Manns, der immerhin den bedeutenden "Mephisto" verfasste? Allen
diesen Fragen geht Marcel Reich-Ranicki in diesen hochinteressanten Aufsätzen
nach. Reich-Ranicki hat für diese Aufsatzsammlung viel investiert: er las und
kommentierte die Tagebücher Thomas Manns, sprach mit Golo Mann und es ist zu
bemerken, wie fasziniert Reich-Ranicki vom Werk dieses bedeutenden
Schriftstellers ist, ohne - und dies ist wichtig - in Hofberichterstattung zu
verfallen. Im Gegensatz zu Breloers Darstellung wird hier jedoch - und dies ist
von Vorteil - auch auf das literarische Werk eingegangen, die Wechselwirkung
zwischen Werk und Person herausgearbeitet. Ich selber bin kein Experte Thomas
Manns - ich habe in Auszügen den Briefwechsel mit Hermann Hesse gelesen, seine
Erzählungen und natürlich die Buddenbrocks, welche ich nach wie vor den
bedeutendsten deutschen Familienroman aus der ersten Hälfte des vergangenen
Jahrhunderts halte. Doch so lebendig, so lebensnah wurden mir die Manns nicht
dargestellt - Marcel Reich-Ranicki ist ein begnadeter Erzähler und
Feuilletonist und steht seinem Vorbild, Alfred Kerr, in nichts nach.
Fazit
Für mich daher eine hervorragende Einführung, die ich nicht missen möchte.
Unbedingt lesens- und empfehlenswert!
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 01. August 2005 2005-08-01 21:29:19