In dem Buch "Am Hang" verwickelt Markus Werner zwei Männer, die sich
in einem Restaurant kennenlernen, in ein Gespräch. Zuerst zögerlich, doch
schnell interessierter und anteilnehmender, ergibt sich ein Dialog über Gott
und die Welt, über den Zeitgeist und vor allem: die Frauen. In kurzen,
intelligenten Wortwechseln debattieren Clarin, der leichtlebige Scheidungsanwalt
Mitte dreissig, und Loos, der bärbeißige Altphilologe, der vor einiger Zeit
seine über alles geliebte Frau verloren hat, die Fragen der Liebe, Ehe und
Treue - These und Antithese, in sich stimmige Gegensätze und Widersprüche, die
es dem Leser kaum möglich machen, bei seiner vorgefassten Meinung zu bleiben.
Markus Werner, 1944 im Kanton Thurgau in der Schweiz geboren, scheint von seiner
Biografie her prädestiniert für diese Art des Gedankenanstoßens: er studierte
Germanistik, Philosophie und Psychologie, promovierte, wurde Lehrer und
debütierte mit vierzig Jahren mit dem Roman "Zündels Abgang". Sechs
weitere folgen in zwanzig Jahren. Gemeinsam sind ihnen die philosophische
Ausrichtung, mit der die Hauptdarsteller sich über die zahllosen
Merkwürdigkeiten und Widersprüche des Lebens wundern, die fein geschliffene
Sprache, in der sie das tun, und der oft lakonisch-humorvolle Grundton ihrer
Betrachtungen. Leider wirkt der Schluss von "Am Hang" allzu
konstruiert. Er rückt die Vorfälle in einen verbindenden Rahmen, und macht
damit die wunderbaren Unstimmigkeiten zunichte.
Fazit
Das Leben, die Liebe, die Treue: wie geht man selbst, wie gehen andere damit um?
Für alle, die gerne über die Natur der Liebe nachdenken, ist "Am
Hang" genau richtig.
Vorgeschlagen von Annette Rieck
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veröffentlicht am 23. Juli 2005 2005-07-23 12:41:19