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Ruediger Dahlke: Krankheit als Sprache der Seele

Krankheit als Sprache der Seele

von Ruediger Dahlke
Verlag: Orbis-Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Sachbuch
ISBN-13 978-3-572-01164-3

Preis: 3,93 Euro bei Amazon.de [Stand: 25. Dezember 2024]
Zum wichtigsten Handwerkszeug für meine Arbeit gehören die Bücher von Ruediger Dahlke. Sie haben mein Weltbild gehörig verändert und mich ein ganz anderes Verhältnis zu Krankheit und Leben finden lassen.
Ruediger Dahlkes Werk "Krankheit als Sprache der Seele. Be-Deutung und Chance der Krankheitsbilder" (Bertelsmann, München 1992), zu dem ich diesen Erfahrungsbericht schreibe, ist die Fortsetzung und Weiterführung der 1983 zusammen mit Thorwald Dethlefsen im selben Verlag herausgegebenen Veröffentlichung "Krankheit als Weg".Der erste Band hatte mit dem neuen psychosomatischen Konzept sofort sehr viel Anklang bei Laien und (später zunehmend auch) in medizinischen Fachkreisen gefunden. Es ging und geht nun auch in diesem zweiten Teil um ein Krankheitsverständnis, in welchem Form und Inhalt, Körper und Seele wieder - wie im frühesten Wissen der Menschheit - vereinigt sind.
Beide Bände beruhen auf einer in unserem gesellschaftlichen Bewußtsein weithin unbeachteten Theorie, die ich in folgenden Thesen zusammenfassen möchte:
1. Es gibt nicht verschiedene Krankheiten, so wie es auch nicht verschiedene "Gesundheiten" gibt; wir befinden uns entweder im Zustand der Gesundheit oder im Zustand der Krankheit. Befinden wir uns in letzterem, so ist niemals nur ein Organ oder ein Körperteil krank, sondern immer der ganze Mensch.
2. Krankheit bedeutet den Verlust einer Ausgewogenheit, einer ausbalancierten Ordnung im Bewußtsein des Menschen, der sich als Symptom im Körper zeigt. Krankheitssymptome sind demzufolge stets Ausdrucksformen seelischer Konflikte.
3. Manifestiert sich im Körper ein Symptom, so zwingt es den Menschen, seine gewohnte Lebensführung zu unterbrechen und aufmerksam zu werden auf die in der Bewußtseinsebene liegende Ursache der Störung.
4. Das Krankheitssymptom ist nicht, wie die Schulmedizin (im Gegensatz zu Hippokrates) meint, ein mehr oder minder zufälliges Ereignis ohne tiefere Bedeutung, sondern ein Signal, das auf seinen eigentlichen Sinn für den Menschen aufmerksam machen will. Deshalb ist es auch nicht das Ziel wirklicher Heilung (im Sinne von Heil-[=Ganz-]Werdung!), Krankheitssymptome zu bekämpfen, sondern sie zu verstehen. (Dafür benutzt Dahlke einen, wie ich finde, einleuchtenden Vergleich: Wenn am Armaturenbrett des Autos eine Kontrollampe aufleuchtet, so würde es nicht genügen, sie zu entfernen, damit das Signal aufhört; man muß herausfinden, auf welchen verborgenen Fehler im Fahrzeug sie hinweist.)
5. Krankheit läßt sich nicht hinreichend aus einer Kausalkette von äußeren Ursachen in der Vergangenheit erklären (Warum habe ich eine Erkältung? Weil ich infiziert worden bin. - Warum bin ich infiziert worden? Weil mein Immunsystem schwach ist. - Warum ist mein Immunsystem schwach? Weil ich es von meinen Eltern so geerbt habe. - Irgendwann, so Dahlke, würde man mit dieser Fragetechnik beim Urknall ankommen), sondern aus einer Absicht, die in der Zukunft liegt. (Der Leichtathlet läuft nicht nur deshalb los, weil er das Startsignal gehört hat, sondern hauptsächlich wohl, weil er gewinnen will.)
6. Insofern ist Krankheit auch nicht ein lästiges Schicksal, sondern eine Chance: Sie enthüllt uns eine Botschaft über uns und eine Aufgabe, die uns gegeben ist. Krankheit will uns zu einer Weiterentwicklung verhelfen und bekommt dadurch Sinnhaftigkeit.
7. Dieser Sinn, den es zu finden gilt, drückt sich in Symbolen aus, die zu deuten sind. (Unsere Sprache weist naturgemäß auf diesen Zusammenhang zwischen Psychischem und Physischem hin: Ärger schlägt mir auf den Magen, ein Konflikt geht mir an die Nieren; eine Enttäuschung nehme ich mir zu Herzen usw.)

Das Buch enthält nach einer Einführung in Dahlkes Lehre interessante Gedanken zu Ritualen in unserer Gesellschaft (Übergangsrituale, Rituale in der alten und in der modernen Medizin, Krankheit als Ritual), gibt praktische Hinweise zur Symptom-Deutung und wendet sich im Hauptteil dann der exemplarischen Bearbeitung von Krankheitsbildern zu.
In 24 Kapiteln werden Deutungsversuche häufig vorkommender Erscheinungsformen von Krankheit vorgestellt, so unter anderem: Krebs, Tinnitus, Nasenbeinbruch, Gehirnerschütterung, Schüttellähmung, Schlaganfall, Epilepsie, Querschnittslähmung, Gürtelrose, Achillessehnenriß, Fußpilz, Alzheimersche Krankheit.
Der Autor versäumt es dabei jedoch nicht, immer wieder darauf hinzuweisen, daß mit der Deutung von Krankheitsbildern sehr verantwortungsbewußt umgegangen werden muß, um Patienten nicht zu verunsichern, und daß keine Schuldgefühle bei ihnen hervorgerufen werden und sie keinesfalls vom Arztbesuch abgehalten werden dürfen. Diese Hinweise halte ich für besonders wichtig, zumal ich befürchte, daß Leser(inne)n, die Dahlkes Anliegen nicht im vollen Umfang verstehen, in ihrem Verhalten gegenüber eigener und fremder Krankheit leicht Einschätzungsfehler unterlaufen können.
Zwischen den einzelnen Kapiteln sind Fragen zur Selbstkontrolle eingefügt, die ich sehr nützlich finde, weil sie ein gründliches weiteres Nachdenken herausfordern. Ein umfangreicher Anmerkungsteil und ein ausführliches Register sowie eine Liste der Veröffentlichungen Dahlkes komplettieren diesen Band von 447 Seiten.
Fazit
Mich hat die Durcharbeitung dieses sehr anspruchsvollen Buches einerseits viel Mühe gekostet, andererseits aber auch reich belohnt mit interessanten Denkanstößen und wertvollen Erkenntnissen. Nicht allem, was darin steht, kann ich rückhaltlos zustimmen, aber es hat meinen Horizont geweitet und ist mir eine unschätzbare Diskussionsgrundlage im privaten wie im professionellen Bereich geworden.
Ich kann es jedem aufgeschlossenen, bildungshungrigen und unvoreingenommenen Leser, der gern Lesevergnügen mit Lesemühe verbindet, nur sehr empfehlen!
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Vorgeschlagen von Eberhard E. Küttner [Profil]
veröffentlicht am 27. November 2002

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