Morris L. West hat mit seinem bereits 1964 erschienenen Werk: "In den
Schuhen des Fischers" (verfilmt mit Anthony Quinn) ein sehr eindrucksvolles
Buch geschrieben. Ich habe es jetzt erneut gelesen. Der Leser bekommt einen
wichtigen Einblick in die Institution des Papsttums und des Vatikans. Außerdem
reflektiert das Buch Zeitgeschichte. Nach dem Tode des Papstes wird der aus der
Ukraine stammende Kyrill Lakota zum neuen Papst gewählt, der lange Jahre in
russischer Gefangenschaft in Sibirien verbracht hatte. Es handelt sich um eine
fiktive Person, jedoch erinnert der Papst an den 1963 verstorbenen Johannes
XXIII. Heute weiß man, dass Johannes viel zur Beilegung der Kuba-Krise
beigetragen hat. Auch Karol Lakota öffnet die Kirche vorsichtig gegenüber dem
Ostblock (wie es Johannes XXIII. in Abkehr zur antikommunistischen Politik von
Papst Pius XII. getan hat) und hegt Sympathie für den sowjetischen
Ministerpräsidenten Kamenew (der dem damaligen Kremlchef Nikita Chruschtschow
nachgebildet ist). Am meisten hat mich jedoch beeindruckt, wie Lakota versucht,
der "Gefangenschaft" des Vatikan zu entkommen und eine eigene
Individualität als Mensch zu bewahren. Reformversuche stoßen auf den
erbitterten Widerstand der Kurie (auch hier eine Parallele zu den Kritiken an
der Einberufung des 2. Vatikanischen Konzil) und lassen Lakota fast verzweifeln
und an Rücktritt denken...
15 Jahre nach dem Erscheinen des Buches, 1978, wird erstmals ein Pole Papst.
Eine solche Entwicklung hat Morris L. West schon 1963 vorausgesehen. Die
Figurenzeichnung wirkt authentisch und die Charaktere sind lebensecht und
wahrhaftig gezeichnet.
Fazit
Für mich nach wie vor der "Klassiker" von Morris L. West. Gerade nach
dem jetzt erfolgten Wechsel im Vatikan ist das Buch meines Erachtens
unverändert interessant und aktuell.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 22. April 2005 2005-04-22 20:29:20