Es war einmal... ein Königspaar, welches im Königsreich Translândia lebte.
Der König und die Königin konnten keine Kinder bekommen, und waren darüber
sehr traurig. Da machte sich die Königin auf in den tiefen Wald jenseits des
Schloßparks, und niemand durfte ihr folgen. Bald darauf kam ein Knabe zur Welt,
der an Schönheit, Verstand und Tugend vollkommen war, denn drei Hexen hatten
ihm jene Gaben geschenkt - doch vom Waldgeist wurde er mit dem Fluch belegt,
Eselsohren zu tragen. Die Mutter starb bei der Geburt. Der Prinz, Leonel
genannt, wuchs heran zu einem stattlichen Manne, und tat sich hervor durch
perfekte Eigenheiten an Körper, Geist und Seele. Nicht er, noch jemand anderer
bemerkte jemals seinen Makel, und nur sein Vater und sein Hauslehrer wußten
davon. In seinem achtzehnten Jahre jedoch sollte sich Prinz Leonel eine Braut
suchen. Und da, als er schon wähnte, die schöne Leonilde wäre sein, befahl
ihm der Lehrer, seinen Turban abzunehmen. Zutiefst entsetzt erkannte der Prinz
seine Mißgestalt, und auch, wie blind er doch gewesen war. Verzweifelt floh er
den Palast...
José Regio (1901-1969), geboren in Vila do Conde, veröffentlichte dieses
Märchen für Erwachsene im Jahre 1942. Im Gegensatz zu seinem vorherigen Roman
"Blindekuh" passierte dieser zweite Roman jedoch die Zensur der
Salazar-Diktatur. Die Anspielungen auf die politischen Gegebenheiten sind darin
weniger deutlich, sondern zielen auf gesellschaftliche und moralische Zustände.
"Der Prinz mit den Eselsohren" ist eine wohl durchdacht formulierte
Satire auf die Heuchelei und Verlogenheit in Wissenschaft, Religion und in der
Politik, die mit beißender Ironie und wunderschöner Sprache zu glänzen weiß.
Märchenhaft!
Fazit
Ein Highlight der Schreibkunst!
Vorgeschlagen von Annette Rieck
[Profil]
veröffentlicht am 06. Februar 2005 2005-02-06 17:09:41