Gemeinplätze, Plätze der Gemeinheit.
Die Protagonistin Erika Kohut lebt bei ihrer älteren Mutter, die gut ihre
Großmutter sein könnte. Das Mutter-Tochter Verhältnis wurde durch den
fehlenden Vater früh geprägt und ist mit einer Leibeigenschaft zu vergleichen.
Das bleibt psychologisch nicht ohne Folgen. Erika entwickelt sich zur Voyeurin
und Masochistin, immer auf der Suche nach dem wahren Leben. Doch das
Kontrollsystem der Mutter wird weiter perfektioniert, der Tochter bleibt kein
Raum. Aus Ideen werden Taten, aus Taten Gewohnheiten, aus Gewohnheiten
Schicksale.
Beruflich schafft Erika nicht den großen Sprung zur erfolgreichen Solistin. Bei
einem wichtigen Auftritt versagt sie und versperrt sich damit weitere Sprossen
auf der Erfolgsleiter. Sie wird Klavierlehrerin und übt diesen Beruf mit
deutlicher Strenge aus. Der Unterricht wird zu einem Ventil in ihrem sonst so
restriktiven Leben. Ein deutlich jüngerer Schüler wirbt um Erika und wird erst
abgewiesen, dann schriftlich zu einem sadistischen Prozedere aufgefordert.
Zunächst unschlüssig wie er damit umgehen soll, wächst in ihm der Entschluss
die beschriebenen Praktiken wortgetreu anzuwenden. Das Ganze endet in einem
Fiasko.
Fazit
Die Autorin spielt mit der Sprache. Sie nutzt allgemeine Redewendungen, setzt
sie wie Flick-stücke immer neu zusammen. Damit erreicht sie eine
surrealistische Stimmung, ein fremd wirkendes Szenario, dessen Schilderungen
durch zwei- und dreifache Beschreibungen echoartig auf den Leser ein- und
nachwirken. Der so verzauberte Leser erlebt die Seelenwelt einer introvertierten
Frau. Das Einordnen und Werten ihrer Ideen und Handlungen fällt nicht leicht,
so das mehrere Interpretationen möglich sind.
Vorgeschlagen von Lothar Hitzges
[Profil]
veröffentlicht am 02. Dezember 2004 2004-12-02 14:50:18