"Schneller F*** gefällig?" So lautet eine von vielen ähnlichen SMS,
die die Protagonistin und Anwältin Alison schreibt. Und dieses Zitat sagt auch
schon, worum es in diesem "Thriller" geht. Ja, richtig gelesen. Der
Roman wurde als "Thriller" tituliert, wobei mir der Thrill leider
verborgen blieb.
Doch worum geht es? Seit vielen Jahren ist Alison Anwältin und hat stetig
darauf hingearbeitet, mit Mordprozessen in die Riege der Staranwältinnen
aufzusteigen. Nun ist es endlich soweit, sie bekommt einen Fall, in welchem sie
eine Ehefrau verteidigen soll, die offensichtlich ihren Mann getötet hat.
Zumindest gibt die Beschuldigte es selbst zu und möchte dafür verurteilt
werden.
Leider wurde dieser Prozess im Roman zum Nebenstrang. Im Vordergrund stand die
Figur der Anwältin mit ihren Problemen. Sie ist eine Alkoholikerin und betrügt
ihren Mann mit einem Kollegen. Das mag höchst widersprüchlich klingen,
allerdings hatte sich für mich aber nie ein Widerspruch gezeigt. Ihr Verhalten
ist so widerwärtig, dass sie kaum Fans gewinnen wird. Ihre Versuche - sind es
wirklich welche? - aus der Abhängigkeit ihres Liebhabers und des Alkohols
auszubrechen, sind halbherzig. Ihre tausenden Entschuldigungen gegenüber ihrem
Mann und ihrer Tochter sind so abgedroschen, dass man als Leser nicht mehr daran
glauben mag, dass sie sich ändert. Gerade hat sie ihrer Tochter zur
Wiedergutmachung ein gemeinsames Pizzaessen versprochen, da geht sie noch in
eine Bar nur "ein Glas" und simst ihrem Lover, um um einen Quickie zu
betteln. Schließlich liegt sie am nächsten Morgen betrunken im Büro. Alison
ist einfach nur verabscheuungswürdig mit solch einer Vehemenz, dass sie in mir
keinen Fan gefunden hat. Natürlich war ich neugierig, was aus ihr im Verlauf
der Handlung werden würde. Zwar konnte es mich nicht befriedigen, aber insofern
kann man dem Roman nicht zuschreiben, dass es ihm an Spannung fehlt. Doch die
Begeisterung für diese Protagonisten blieb auf der Strecke.
Im Gegensatz zur Figur der Protagonistin ist der Erzählstil vollkommen richtig
gewählt. Der Roman wird ersten Person im Präsens erzählt. Damit ist der Leser
ganz nah an den Ereignissen und im Kopf von Alison. Doch leider sind die
Entscheidungen von ihr trotzdem nicht nachvollziehbar.
Fazit
"Blood Orange" ist der Debütroman der schottischen Autorin, die
vielleict allzusehr aus ihrem eigenen Alltagsgeschehen als Prozessanwältin in
London berichtet. Man kann ihn zwar gut lesen, muss aber nicht Fan der
Hauptfigur werden.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 28. November 2019 2019-11-28 10:48:57