Sven Elvestad, der auch unter dem Namen Stein Riverton publizierte, begründete
mit diesem Klassiker aus dem Jahre 1909 den norwegischen Kriminalroman. Doch
nicht nur diese Tatsache macht den vorliegenden Krimi interessant. Es ist der
erste mir bekannte Kriminalroman, in dem der Ich-Erzähler der gesuchte Täter
ist. Auch wenn es eigentlich nicht gestattet ist, die Lösung eines Krimis zu
verraten, muss dies doch in diesem Fall sein, da dies der erste Kriminalroman
ist - und nicht, wie das Kindler-Literatur-Lexikon vermutet, Agatha Christies:
"The Murder of Roger Acroyd" (Roger Acroyds Mörder) aus dem Jahre
1926, in der dieses geschieht, wenn man von Edgar Allan Poes Kurzgeschichte:
"Thou Art the Man" ("Du bist der Mann!") absieht, in der
ebenfalls der Ich-Erzähler der Täter ist. Im gleichen Jahr Elvestads
Erstlingswerk, nämlich ebenfalls 1909, erschien Baroneß Orczys Roman:
"The old man in the Corner", in der sogar der in Ich-Form berichtende
Detektiv der Täter ist.
Es zeigt sich also erstmals, wie ideenreich das Genre des Kriminalromans sein
kann. Die Hinwendung zum psychologischen Kriminalroman, der mit dem Verfasser
des vielleicht bis heute pefektesten Denksportkrimis, Anthony Berkeleys:
"The poisoned chocolate case" (Der Fall mit den Pralinen) und seinen
unter dem Pseudonym Francis Iles publizierten Büchern: "Malice
Aforethought (1931) und: "Before the Fact" (1932)die Hinwendung zur
Verbrecherliteratur vollzieht (Hitchcocks Film "Suspense" beruht auf
Berkeleys: "Before the fact")und bis zu Kriminalromanen im Stile von
James M. Cain (The Postman alwsays rings twice", "Double
Indemnity") oder den bösartigen Verbrecherromanen Jim Thompsons ("Der
Mörder in mir, 1280 schwarze Seelen) reicht, wird hier begonnen.
Deutlich wird, dass der klassische Rätselkrimi, um den es sich hier zweifellos
noch handelt, mit neuen Varianten angereichert werden muß, wenn auch die
Detektivfigur, Asbjörn Krrag, der am Ende den Täter überführt, eine direkte
Kopie von Sherlock Holmes oder Hercule Poirot sein könnte und eindeutig in der
Tradition des ersteren steht.
Klaus Walther, der Herausgeber des "Kriminallexikons" und einer der
besten Kenner der Kriminalliteratur, hat meines Erachtens zu recht konstatiert,
dass Elvestad in diesem Roman noch wit von den literarischen Raffinessen seiner
Nachfolger entfernt ist. "Noch dominiert bei aller Spannung, die sich aus
den wechselvollen Ereignissen der Enthüllung ergibt, eine gewisse Behaglichkeit
des Erzählens und wohl auch einwnig Sentimentalität." Dies mag sein, weil
der Fall auf dem Land spielt. Auf einem Spaziergang erblickt der Erzähler, wie
der Forstmeister sich von Hilde, der Schwester des Gutsbesitzers, die er selber
begehrt, verabschiedet. Darauf hört er dann metallische Geräusche, die er
nicht deuten kann. Ein einheimischer Fischer erklärt ihm die Sage vom
"eisernen Wagen", einem geräusch- und spurlosen geheimnisvollen
Gefährt, welches immer dann durch das Moor fährt, wenn ein Mensch stirbt. Am
nächsten Tag findet man die Leiche des Forstmeisters, der in der Nacht zuvor
erschlagen worden war. Asbjörn Krag übeführt - genau wie Hercule Poirot,
durch Denkarbeit und Präzision den Täter, wobei der diesem zuletzt eine Falle
stellt.
Fazit
Für alle Fans der Geschichte des Genres trotz der berechtigten Einschränkungen
Klaus Walthers, die ich teile, immer noch lesenswert.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 09. September 2004 2004-09-09 21:44:25