Das vorliegende Studienbuch liegt nun in der 6. Auflage vor. Es hat den
Anspruch, in Selbstverständnis, institutionellen Aufbau und Praxis des
politischen Systems der Bundesrepublik unter Berücksichtigung seines Wandels
nach der Wiedervereinigung einzuführen und einen problemorientierten Überblick
über die verfassungs- und außenpolitischen Grundentscheidungen, die die
westdeutsche Demokratie konstituiert haben zu geben, das politische Kräftefeld,
welches durch Interessengruppen, Bürgerinitiativen, Parteien und Massenmedien
gebildet wird, darzustellen, die politischen Institutionen in Bund, Ländern und
Kommunen darzustellen, die gesellschaftliche Reichweite und administrative
Druchsetzung politischer Entscheidungen anzudeuten und auf die politische Kultur
in Deutschland einzugehen.
Auf 590 Seiten gelingt dies dem Autor auch in einer lesbaren, wenn auch im
Vergleich zum populärwissenschaftlicheren Einführungswerk von Kurt Sontheimer
in trockenerer Sprache. Alle Politikfelder werden angesprochen, auch (leider
veraltete) Zahlen zur Vermögensverteilung werden hier angesprochen.
Im Vergleich zu von Beyme fällt auf, dass dieser sehr viel schwerer lesbar ist
und mehr auf Interessenverbände und Internationale Politik und Außenpolitik
eingeht, während Rudzio in den Fragen der Außenpolitik lediglich Deutschland
in der Europäischen Union akzentuiert. Der Wandel der deutschen Außenpolitik
seit dem Golf-Krieg von 1990/91 wird bei Rudzio nicht thematisiert, dafür
werden die Kommunalpolitik und Fragen des Öffentlichen Dienstes genauer
thematisiert als bei von Beyme. Die Seitenzahl und Kapiteleinteilung hat sich in
dieser 10. Auflage nicht geändert, aktuelle Entwicklungen wurden jedoch
eingearbeitet, etwa die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Zustandekommens des
Zuwanderungsgesetzes im Jahre 2002. Sie wird sowohl im Kapitel:
"Bundespräsident" wie auch im Kapitel: "Bundesrat"
abgehandelt.
Für eine Einführung in die Thematik reicht diese Darstellung aus, wenn ich
auch insbesondere zu den neuen Herausforderungen in der Außenpolitik seit Ende
des Ost-West-Konfliktes, über den in der Politikwissenschaft heftig debattiert
wird und die Auslandseinsätze der Bundeswehr gerne mehr erfahren hätte.
Auch - ein weiterer Kritikpunkt - hätten einige Zahlen gut und gerne eine
Aktualisierung verdient. Sich in Fragen der Vermögensverteilung etwa in einer
Einführung aus dem Jahre 2004 auf Zahlen von 1983 zu berufen (S. 444), ist aus
meiner Sicht wissenschaftlich nicht mehr zu vertreten, da es seit dem Jahre
2003, dem Erscheinungsdatum des Bandes, neue Zahlen des Statistischen
Bundesamtes hierzu gibt.
Wie lässt sich nun Rudzio vergleichen mit den politischen Einführungen von
Klaus vno Beyme: "Das politische System der Bundesrepublik Deutschland, 10.
Auflage, 2004) und Kurt Sontheimer/Wilhelm Bleek: GRundzüge des pollitischen
Systems der Bundesrepublik Deutschland, aktualis. Neuausg., 1999?
Das Werk von Sontheimer/Bleek ist die lesbarste Einführung und im Kapitel:
"Internationale Beziehungen" auch deutlich besser als das vorliegende
Werk von Rudzio. Von Beymes Stärken liegen in der genauen Analyse der Bereiche
Interessengruppen und Elitenrekrierung sowie in der genaueren Darstellung des
Themas: "Politische Kultur". Diese Themen werden bei Rudzio zwar auch
angesprochen, aber im Vergleich zu Sontheimer/Bleek und von Beyme stärker
kursorisch abgehandelt.
Fazit
Aus meiner Sicht: Trotz allem: insgesamt ist dies von der Information her die
beste Einführung in das Thema und wohl auch bis heute die meistempfohlenste.
Eine Einführung in das politische System der Bundesrepublik, die alle Bereiche
von Politik, Wirtschaft, Gesellschaft gleichermaßen gut abdeckt, fehlt meines
Erachtens aber nach wie vor.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
[Profil]
veröffentlicht am 26. August 2004 2004-08-26 19:14:20