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Joscha Döpp: Von Babyn Jar nach Darmstadt

Von Babyn Jar nach Darmstadt

von Joscha Döpp
Verlag: Wallstein Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Sachbuch
ISBN-13 978-3-8353-5718-1

Preis: 18,00 Euro bei Amazon.de [Stand: 29. März 2025]
Das vorliegende Werk von Joscha Döpp greift ein Verbrechen auf, das von seinem Tatort her durchaus einen beachtlichen Bekanntheitsgrad besitzt: das Massaker von Babyn Jar. Die Massenerschießungen von 33.000 ukrainischer Jüdinnen und Juden aller Altersgruppen gilt als eines der brutalsten Verbrechen während des Überfalls auf die Sowjetunion und darüber hinaus als größter Massenmord an der jüdischen Bevölkerung außerhalb der Konzentrationslager. Bei der Lektüre wird rasch klar: Der Blutspur des SS-Sonderkommandos 4a können weitere Kriegsverbrechen zugeordnet werden, der rund 80.000 Menschen zum Opfer fielen.

Inhaltlich bezieht sich der Autor in der Veröffentlichung seiner preisgekrönten Masterarbeit auf die Verbrechen eines Sonderkommandos, das als Teil der Einsatzgruppe C an zahlreichen Massakern gegen die jüdische Zivilbevölkerung beteiligt war. Bei den bekannten Prozessen gegen die NS-Hauptkriegsverbrecher in Nürnberg und dem nachgelagerten "Einsatzgruppenprozess" 1947/48 (ebenfalls in Nürnberg) wurde lediglich gegen die ranghöheren Hauptangeklagten Kommandeure vorgegangen und geurteilt.

Für die Verantwortlichen der nachgeordneten Dienstgrade sah es zunächst so aus, als kämen sie mit einem "blauen Auge" davon. Dies änderte sich mit dem Engagement des bekannten hessischen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer und der Errichtung einer sog. "Zentralen Stelle" in Ludwigsburg, die systematisch Kriegsverbrechen in Osteuropa aufarbeitete und dokumentierte. Im Zuge dessen kam es zu weiteren Prozessen in den 1960er-Jahren. Weitere Verantwortliche für Massenmorde in Osteuropa wurden von der Vergangenheit eingeholt und vor Gericht gestellt. Das Buch greift den "Darmstädter Einsatzgruppenprozess" 1965-67 auf und beschreibt die Vorgehensweise bei der juristischen Aufarbeitung, bevor entsprechende Urteile vor dem Darmstädter Schwurgericht im November 1968 gefällt wurden.
Fazit
Eine sehr präzise, auf umfangreicher und detaillierter Recherche basierende Arbeit ist es, die Jascha Döpp der Leserschaft mit dem vorliegenden Buch zur Kenntnis bringt. Genau so sieht grundsolide und seriöse historische Forschung aus! Damit ist klar: Es handelt sich um eine exakt gehaltene und im Tonfall angemessene Darstellung der Taten des Sonderkommandos 4a auf dem Gebiet der heutigen Ukraine. Es gelingt dem Autor, die Leser über die unfassbaren Verbrechen zu informieren, einige der Hauptverantwortlichen als Charaktere zu beschreiben und überdies den ausgesprochen schwierigen und langwierigen Prozess der juristischen Aufarbeitung zu erläutern. Dabei wird stets die notwendige Distanz zu Taten und Personen gewahrt, ohne in Emotionslosigkeit abzugleiten.

Es wird hierbei nicht nur auf die umfassenden Recherchen der Zentralen Stelle zurückgegriffen, sondern auch die besondere zeitgeschichtliche Problematik wird ersichtlich, die für die Führung der Prozesse in den 1960er-Jahren Gültigkeit hatte. Die (aus heutiger Sicht) wesentlich zu milden Urteile werden gekonnt kritisch eingeordnet und so entsteht ein Blick auf diese Zeit ohne jegliches "Bashing", sondern mit einer Einordnung, die beeindruckend ist, ohne zu relativieren.
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Vorgeschlagen von Dietmar Langusch [Profil]
veröffentlicht am 18. März 2025

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