Sehr gespannt war ich auf das Werk: "Der Angriff" von Bob Woodward, weil hier
die detaillierte Planung des Irak-Krieges, die nur zwei Monate nach dem 11.
September 2001 auf Anweisung Bushs in Auftrag gegeben wurde, dargestellt wird.
Woodward hat über 75 Akteure, die an diesem Entscheidungsprozess unmittelbar
beteiligt waren, interviewt, darunter auch Präsident Bush und Mitglieder seines
Kabinetts. Weitere Gesprächszitate stammen aus amtlichen Dokumenten.
Neben Richard A. Clarkes: "Against all enemies" stellt dieses Buch erstmals die
Sicht der amerikanischen Regierung dar. Insofern ist dieses Buch eine wichtige
Informatonsquelle, so dass die Feststellung des "Deutschlandfunks" auf dem
Buchrücken, an diesem Werk komme keiner vorbei, der sich ernsthaft mit der
Regierung Bush beschäftige, sicherlich zutreffen. Das Buch ist sicherlich auch
interessant, wenn man die Positionen der einzelnen Regierungsmitglieder
miteinander vergleichen möchte. So werden die Spannungen zwischen "Falken" um
Vizepräsident Cheney, einem aktiven Befürworter des Krieges und "Rumsfeld"
einerseits, und Außenminister Powell andererseits, der zu einer bedächtigeren
Vorgehensweise unter Einbeziehung der Meinung der Verbündeten riet, gut
dargestellt. I Gegensatz zu Richard A. Clarke fehlt jedoch - und dies ist meines
Erachtens bei Woodward, der ja den Watergate-Skandal aufdeckte, enttäuschend,
jede kritische Analyse zu den Informationen. Wie in einer Art Drehbuch für
einen Spielfilm wird Szene um Szene aneinandergereiht, ohne das der "Wald vor
lauter Bäumen" sichtbar wird. Wer mehr über die Bedrohung von Al Quaida
erfahren möchte und wie diese im amerikanischen Regierungsapparat gesehen wird,
sollte daher unbedingt zu Richard A. Clarkes Werk greifen, welches die
Schwächen des vorliegenden Buches verdeutlicht. Um dies an einem Beispiel
deutlich zu machen: der Konflikt mit der deutschen Regierung um Schröder und
der französischen um Chirac wird lediglich am Rande gestreift und auf eine rein
persönliche Ebene gehoben. "Man liest nur über Deutschland und diesen Typ
[gemeint ist Schröder, B.N.], der mich zum Buhmann gemacht und so eine Wahl
gewonnen hat" wird Bush von Wooodward zitiert. Oder an anderer Stelle äußert
sich Bush gegenüber dem irischen Premierminister Ahern wie folgt: "Chirac",
sagte Bush zu Ahern, "Hat die Sache so weit getrieben, dass es in Amerika zu
einem gewaltigen Ausbruch anti-französischer Ressentiments gekommen ist. Er ist
zur Zielscheibe der Possenreißer geworden. Er hat es zu weit getrieben."
Wo bleibt da eine Analyse des Autors? Wo seine eigene Position? Hat er - so
scheint es mir - auf eigene Stellungnahmen verzichtet, um sich den Zugang zu den
vertrauten Positionen zu erhalten? Clarke hat nichts mehr zu verlieren, er
schied im März 2003 aus der Regierung aus.
Fazit
Und dies ist für mich zu wenig. Wer mehr kritische Information über Bush und
den Irak-Krieg sucht, der ist auf dem Buchmarkt in diesem Jahr sehr gut bedient
worden. Als Alternative empfehle ich immer noch: Emar Theveßen: "Die
Bush-Bilanz". Er bringt weitaus mehr Informationen als dieses - meiner Meinung
nach mit zu hohen Erwartungen überfrachtete - Werk.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 04. August 2004 2004-08-04 20:24:45