Andreas Schlüter, eigentlich durch seinen "Ring der Gedanken" ein Autor des
Fantasy-Genres, hat mit diesem Buch einen Kriminalroman vorgelegt, der sich mit
dem "Tatort Schule", so die Reihe, beschäftigt.
Bastian, 11 Jahre alt, teilt mit seinem 4 Jahre älteren Freund Heiko ein Hobby:
das Fotografieren. Seit er eine alte Spiegelreflexkamera von seinem Vater
bekommen hat, fotografiert er leidenschaftlich gern, bis ihm sein Lehrer die
Kamera im Unterricht einfach wegnimmt. Zwar geliingt es seinem Freund, Bastian
die Kamera zurück zu geben, dennoch sind sie wütend auf den Lehrer und
beschließen, ihn zu beobachten. Und ganz offensichtlich scheint mit diesem
Lehrer etwas nicht zu stimmen, denn plötzlich wird seine eigene Tochter
gefesselt bei ihm im Keller gefunden. Ein ungeheurer Verdacht lastet auf dem
Lehrer, doch Bastians Vater hat gleich ein merkwürdiges Gefühl dabei:
offensichtlich soll dem Lehrer die Untat in die Schuhe geschoben werden. So ist
es auch. Schlüter arbeitet auf zwei erzählerischen Ebenen. Auf der einen Seite
schildert er die Sicht Bastians, im jeweils folgenden Kapitel die Sicht des
anonymen Täters, der sich am Lehrer rächen will. Wie und warum, wird Bastian
zu spät klar...
Der Krimi beginnt außerordentlich spannend. Schlüter gelingt es, die Gefühle
Bastians genauso packend darzustellen wie die Rachepläne des - zunächst noch -
unbekannten Täters, den der Leser noch nicht kennt. Dieser schmiedet einen
teuflischen Plan, den er langsam in die Tat umzusetzen beginnt. Diese
Erzählperspektive des Vorausschauens - der Leser ahnt, dass etwas passieren
wird und warum, kann es aber nicht verhindern, erzeugt zunächst eine
atemberaubende Spannung, die jedoch leider in der zweiten Hälfte kippt. Ohne
den Inhalt verraten zu wollen, bleibt festzuhalten, dass am Ende zu viele Fragen
einfach offen bleiben. So begegnen sich Täter und Opfer an zwei verschiedenen
Schulen, auf die beide gewechselt haben, ohne dass dies dem Opfer auffällt.
Auch der Schluss ist ausgesprochen unwahrscheinlich gestaltet, da ein Junge von
einer U-Bahn überrollt wird und unverletzt überlebt, was in der geschilderten
Situation vollkommen unwahrscheinlich ist. Mehr kann hier nicht verraten werden.
So hatte ich das Gefühl: der Autor, der einen Krimi schreiben wollte, hatte
eine gute Idee und fing auch gut an. Aber es fehlt die psychologische
Charakterzeichnung, die einen guten Krimi dieser Art ausmachen. Es gibt meines
Erachtens bessere Bücher - auch in der Jugendliteratur, zum vorliegenden Thema
über Mobbing von Lehrern und falsche Freundschaft.
Fazit
Mich hat das Buch sehr an das Buch: "Der Drohbrief" von Charles P. Crawford
erinnert - und im Vergleich dazu sei angemerkt, dass das Werk von Crawford, der
das selbe Thema behandelt, meisterhaft gelungen ist. Wenn man diesen Vergleich
vor Augen hat, muss man konstatieren: das Buch von Schlüter wirkt lustlos und
ist - letztendlich - wegen des schwachen Endes - nur ein unterdurchschnittlicher
Kriminalroman. Schade, ich hatte mehr erwartet. Aufgrund des guten Anfangs 4
Sterne.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 04. August 2004 2004-08-04 20:00:32