Der Roman von Wolfgang Wissler oder vielmehr sein Inhalt regt zum Nachdenken an.
Wenn auch ältere Generation die Fakten und Umstände kennen, so können
jüngere Generation vielleicht daraus lernen. Erich Straffer ist Nachtwächter.
Er dreht seine Runden als Nachtwächter durch finstere Fabrikhallen. Dabei
bewegen sich seine Gedanken nicht nur um seine Kollegen und wie er ein besseres
Leben erzielen könnte, sondern sie gehen auch etwa zwanzig Jahre zurück und
berichten aus seinem früheren Leben.
Erich Straffer war nämlich im sogenannten Dritten Reich einer der
skrupellosesten SS-Generäle, den die Juden begegnen konnten. Mit seinem
jetzigen Job versucht er, sich vor den Mühlen der Justiz in der noch jungen
Bundesrepublik Deutschland zu verstecken. Doch aus seinen Gedanken springen auch
eine große Menge Neid gegenüber seinen vielen Nazikollegen heraus. Im
Gegensatz zu ihm, der sich als Nachtwächter verkriecht, treten andere
öffentlich auf und tun so als wären sie sich keiner Schuld bewusst. Ob sie nun
Stars im Fernsehen sind oder Ministerposten bekleiden. Ihnen scheint es nichts
auszumachen, dass sie noch vor zwanzig Jahren Menschen in Gaskammern geschickt
haben. Ja, darauf ist der jetzige Nachtwächter und ehemalige General
neidisch.
Er selbst hat sich verkrochen und die Angst vor der Entdeckung sitzt ihm im
Nacken. Dabei möchte ein Teil von ihm gerne Wiedergutmachung leisten, ein
anderer Teil aber auch wieder pompöser Leben. In den Augen seiner Frau und
Kinder möchte er nicht mehr wie ein Jammerlappen wirken. Stets versucht
Straffer in seinen Gedanken eine Rechtfertigung für seine Gräueltaten zu
konstruieren. Dabei verweist er auf die ehemaligen Kollegen, die jetzt unter
Adenauer dienen. Adenauer hatte dies 1952 begründet mit dem Satz: "Man
schüttet kein dreckiges Wasser aus, wenn man kein reines hat."
Aus dem Autor Wolfgang Wissler spricht eine Wut über die Vorgänge und das
Vertuschen der Naziverbrechen im jungen Deutschland. Anhand der Figur Erich
Straffer findet er einen Weg, seine Wut zum Ausdruck zu bringen. Das ist nicht
nur interessant, sondern auch spannend gemacht. Als Straffer einen neuen
Kollegen als Nachtwächter bekommt, wird die Spannung um einiges erhöht. Denn
dieser neue Kollege ist Jude, kommt aus Israel und bittet Straffer um Hilfe.
Wird er ihm helfen?
Das Leben von Straffer wird allerdings nicht nur von ihm selbst über seine
Gedanken und Handlungen beschrieben. Wolfgang Wissler hat sich auch weiterer
Figuren bemächtigt, die den ehemaligen SS-General und jetzigen Nachtwächter
aus ihrer Sicht heraus beurteilen. So z.B. dessen Ehefrau, aber auch der
jüdische Kollege oder ein US-Soldat, der sich um eine Analyse Deutschlands
bemüht. Der Roman lässt über das Nachkriegsdeutschland nachdenken und stellt
einige Vorgehensweisen im Hinblick des wieder aufkommenden Antisemitismus
infrage. Er ist spannend zu lesen und lässt sich auch gut unter den
Weihnachtsbaum packen.
Fazit
In Anbetracht dieser Geschichte bleibt die entscheidende Frage offen: Wie wird
sich der Naziverbrecher entscheiden? Wird er den Weg der Wiedergutmachung
wählen oder seinem Judenhass erliegen? Die Zukunft bleibt ungewiss und die
Hoffnung liegt in einer gerechten Strafverfolgung. Es ist von entscheidender
Bedeutung, dass die jungen Menschen in Deutschland die Geschichte kennen und
sich gegen jegliche Form von Hass und Diskriminierung erheben. Nur so können
wir sicherstellen, dass sich die Schrecken der Vergangenheit nicht wiederholen.
Die Verantwortung liegt bei uns allen, eine inklusive und tolerante Gesellschaft
zu schaffen, in der Verbrecher keinen Platz haben.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 14. Dezember 2023 2023-12-14 17:30:16