Nach seinem im Jahre 2019 bei Kiepenheuer & Witsch erschienenen Buch
"Realitätsschock", greift Sascha Lobo auch im vorliegenden Band
brandaktuelle Fragen der Zeit auf und beschreibt, wie es zur derzeitigen
Vertrauenskrise vor allem in Bezug auf Politik und Leitmedien kam. Der Autor ist
bekannt als Publizist, Blogger und Podcaster, besitzt tiefgreifende Kenntnisse
über moderne Medien und deren Auswirkungen und Folgen. Auch in Talk-Runden ist
er immer wieder als Diskussionsteilnehmer ein gern gesehener Gast.
Ein zunehmender Vertrauensverlust ist in der heutigen Gesellschaft spürbar
vorhanden, hinzu kommen außergewöhnliche Druck-Situationen von außen (z.B.
die Corona-Pandemie und aktuell auch Kriege). Den Umgang der Verantwortlichen in
Politik und Gesellschaft, die Einflüsse der sozialen Medien und darüber hinaus
künstlicher Intelligenz verursachen ein bislang nicht gekanntes Maß an
Unsicherheit, der zu einem Vertrauensverlust in der Bevölkerung führt und
schlussendlich eine Gefährdung der Demokratie darstellt. Sascha Lobo nimmt sich
einer Vielzahl der äußeren Einflüsse und Bedingungen an: Globalisierung,
Digitalisierung, Soziale Medien, Informationspolitik durch staatliche Akteure
und durch traditionelle Medien. Er beschreibt deren Erscheinung und
interpretiert die Auswirkungen auf die heutige Gesellschaft in Deutschland.
Die zunehmend komplizierter werdende Gegenwart zu beschreiben ist Aufgabe des
zweiten Teils des vorliegenden Buches. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie, die
staatlich angeordnete Sparpolitik, (Vertrauens-)Krisen der Wissenschaft und
nicht zuletzt der Umgang mit der Jugend in Bezug auf deren Partizipation im und
am öffentlichen Leben sind Themen, auf die ausführlich eingegangen wird.
Brandaktuell findet sich auch ein Kapitel zur künstlichen Intelligenz.
Abschließend offeriert Sascha Lobo seine Ideen, wie die Gesellschaft und
darüber hinaus der Einzelne mit der Situation umgehen könnte und neues
Vertrauen entstehen kann.
Fazit
Von Anfang an zeigt Sascha Lobo, dass er ein kritischer Zeitgeist ist, der es
darüber hinaus versteht, die Probleme der Gegenwart nicht nur zu erkennen, sie
präzise zu benennen und überdies in geeignete Worte zu verpacken. So gelingt
ein kritisches, gemessen an der Vielzahl der Probleme, kompaktes,
aufschlussreiches und gut lesbares Buch. Vorwiegend allgemeine aktuelle
Problemlagen werden in Teil I des Buches aufgezeigt und besprochen und anhand
zahlreicher Beispiele aus der Praxis gelingt es problemlos den Gedanken des
Autors zu folgen. Bewegen sich die inhaltlichen Aspekte im 1. Abschnitt noch auf
einer eher allgemeinen Ebene, wird es in Teil II des Werkes spezifischer. Seinen
flüssigen Stil verlässt der Autor nicht, und so gelingt eine Schlüssigkeit
der Argumente in sich. So weit, so gut.
Keine Frage: die aufgezeigten Probleme sind nicht nur zutreffend, sie führen
auch zu dem angeprangerten Vertrauensverlust, der zurzeit in unserer
Gesellschaft zweifelsohne zu finden ist. Sascha Lobo legt also sprichwörtlich
den Finger in die Wunde(n). Es ist geradezu selbstverständlich, dass
Hintergründe und Wirkungen der aufgezeigten Probleme stets die individuelle
Sichtweise des jeweiligen Kritikers darstellen. Das macht Sascha Lobo deutlich
und er verzichtet so stellen seine Erkenntnisse auch keineswegs eine
"Belehrung" dar.
Dennoch bewegt sich der Autor nach meinem Empfinden überzogen umfänglich in
der Welt des Internets und der sozialen Medien. Eben seiner Welt. Das schließt
(leider) auch die vorgeschlagenen Lösungsansätze mit ein, die sich vorwiegend
auf Ansätze und Lösungsmöglichkeiten der Cyberwelt stützen. Und dabei ist
Vertrauen ein zutiefst individuelles, analoges Geschehen. Ich bezweifele in
keiner Weise, dass die virtuelle Welt einen maßgeblichen Einfluss ausübt, ich
akzeptiere auch, dass diese zum Vorteil nutzbar gemacht werden können und
dennoch: Mir kommt die "normale" (analoge) Welt in den Betrachtungen
eindeutig zu kurz!
Vorgeschlagen von Dietmar Langusch
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veröffentlicht am 10. November 2023 2023-11-10 08:18:20