Mit diesem Roman von James Lee Burke scheint die letzte Schlacht seiner beiden
Protagonisten Dave und Clete angebrochen. Es ist der 23. und letzte Roman aus
der Dave-Robicheaux-Reihe mit Handlungsort Louisiana. Er erschien 2020.
Dave Robicheaux trifft auf einer Pier ein junges Mädchen. Isolde ist die
Tochter einer Familie, die für nichts Gutes in der Gegend steht. Sie beklagt,
dass sie nicht frei leben kann, weil sie einer anderen Familie versprochen wurde
und nun dorthin gebracht werden soll. Johnny soll Isolde zu seinem Onkel
bringen. Johnnys Familie ist die zweite große Verbrecherfamilie, um die es in
diesem Roman geht. Das Verhältnis von Isolde und Johnny ist in etwa so was wie
das von Romeo und Julia.
Dave Robicheaux und sein Freund Clete Purcel begeben sich auf eine große Reise.
Sie wollen Isolde befreien und gleichzeitig die beiden Familien in die Knie
zwingen. Auch, wenn sie es anfangs selbst noch nicht wissen. Wenn man fast alle
Romane dieser Reihe aus den letzten dreißig Jahren gelesen hat, dann sind einem
die Örtlichkeiten und die Figuren schon ziemlich bekannt. Man weiß, wie sie
ticken. Man hat ihr Leben miterlebt. James Lee Burke hat das Leben der beiden
Freunde in diesen Romanen konsequenterweise fortgeführt.
Waren Dave Robicheaux und Clete Purcel schon immer Säufer, so erleben sie jetzt
ihre geistigen Höhepunkte. Dave ist seit vielen Monaten trocken und geht
regelmäßig zu den Anonymen Alkoholikern, Clete hat das Trinken nie aufgegeben.
Der jetzige Höhepunkt liegt darin, dass sie offenbar Geister jagen. Beide haben
gleiche Halluzinationen, sehen eine Galeere auf dem Wasser, einen
Reptilienmenschen, den es schon vor mehreren Hundert Jahren gegeben hat. Sie
sprechen mit Menschen, die eigentlich nicht mehr existieren.
Kurzum: Dave und Clete sind in diesem Roman aufgrund ihres Suffs total
durchgedreht. Und dennoch wollen Sie das Böse nicht herrschen lassen, sondern
es mit aller Macht versuchen zu vernichten. Der Roman mutet wie ein Fantasy-
oder ein Horrorroman an. Er ist bei weitem kein normaler Krimi oder Thriller,
wie wir es sonst aus dieser Reihe kennen.
James Lee Burke hat dabei einen besonderen Erzählstil gewählt. Der Erzähler
ist sein Protagonist Dave Robicheaux, der aus seinem Leben in der Ich-Form
erzählt. Die Geschichte ist also zuvor passiert und läuft hier wie in einer
Rückblende. Da James Lee Burke das Leben von Dave Robicheaux auch zuvor nie in
chronologischer Reihenfolge erzählt hat, spielt dies für den (vorerst?)
letzten Roman keine besondere Rolle. Die Geschichte ist also irgendwann zwischen
den anderen 22 Romanen angesiedelt.
Diesmal spricht der Ich-Erzähler Dave Robicheaux auch direkt die Leser an. Er
zieht sie vollkommen in die Geschichte hinein. Der Hass des Autors auf Nazis und
Rassisten nimmt einen großen Teil in dieser Geschichte ein. Wen wundert es,
dass die beiden darin Ermittler ihre Pflicht zur Beseitigung des Bösen sehen.
Beide haben im Vietnamkrieg gekämpft und Clete hat stets ein Foto aus dem
Zweiten Weltkrieg, auf dem eine Mutter mit ihren Kindern abgebildet ist, die in
die Gaskammern von Auschwitz geführt werden.
Dave und Clete zögern nie, Gewalt einzusetzen, obwohl meist einer von beiden
versucht, den anderen davon abzuhalten. Aber ihre Wut auf das Böse konnten sie
nicht nie im Zaum halten. Auch in diesem Roman dauert es zu Beginn nur wenige
Seiten, bis die erste Prügelei im Gange ist. Derb und brutal geht es auch in
dieser Geschichte zu. Bei aller Gewalt und allem Bösen verliert James Lee Burke
nie den Blick für die Landschaft, die Straßenzüge, die Gärten, den Fluss.
Immer wieder kann die Seele entspannen, wenn man beim Lesen durch die Straßen
von Louisiana zieht.
Neben den sanften Tönen während der Handlungsbeschreibung, fallen die extrem
archaischen Worte in den Dialogen auf. Dave und Clete schenken sich und den
anderen Figuren nichts. Während die Verbrecher versuchen, mit vornehmem
Ausdrücken zu glänzen und alles von sich abprallen zu lassen, haben die beiden
Freunde keine Zeit für solche Schleimereien und greifen zu besonders
drastischen Worten in ihren Sätzen.
Fazit
Diesen Roman kann man standalone lesen. Leser erfahren vieles beziehungsweise
alles, was für das Verständnis der beiden Figuren Dave Robicheaux und Clete
Purcel notwendig ist. Für mich persönlich war natürlich deren Entwicklung
über die letzten Jahre von besonderem Interesse und ich konnte versöhnlich mit
der zu Ende gehenden Reihe abschließen.
Angenehm fand ich außerdem die begleitenden Worte von Jochen König über die
Dave-Robicheaux-Reihe. Wer darüber hinaus etwas über meine persönliche
Begegnung mit James Lee Burke und dessen Leben erfahren möchte, sollte sich
einmal das Buch »Die Entdeckung Amerikas« anschauen.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 11. August 2023 2023-08-11 16:13:50