Mysteriöse Vorkommnisse, die schon mal überfordern können
Es ist die 13. "Mitarbeit" des etwas linkischen, inzwischen auch
älteren Mannes. Ehemaliger Leichenbeschauer, durchaus vom Fach. Und niemand
sollte sich täuschen lassen, weder Verdächtige noch Leser und Leserinnen und
schon gar nicht der Täter, dass Dr. Siri Palboun in Vientiane, der Hauptstadt
von Laos, nicht doch auf seine recht verdrehte, intuitive Art und Weise nicht
doch jedem Fall näher zu rücken versteht. Auch wenn er immer nur "zu
Hilfe" kurz gebeten wird, der Mann verstrickt sich immer unrettbar (oder
wird durch die Umstände und das Schicksal verstrickt) in kaum lösbar zu
scheinende Vorfälle. Die, ein Markenzeichen der Kriminalromane um den Ermittler
mit seiner ganz eigenen Art, immer auch die Geschichte der Region, die
ehemaligen Freiheitskämpfe, die politischen Strategien im Hintergrund teils
humorvoll, teils ernst, aber immer sachkundig, mitschwingen lassen.
"Vientiane war nicht Cannes. Kein europäischer Mogul hatte je hier
überwintert". Kein internationaler Filmstar hätte sich hier einen
Zweitwohnsitz mit Mätressen eingerichtet". Du doch sprudelt alles voller
Leben und nicht wenigen besser im Verschwiegenen bleibenden Interessen und
Handlungen. Man weiß eben, wie man durchkommt und dass dies auf ständig
regelkonforme Art und Weise nicht besonders gut gelingen würde. Chefinspektor
Phosy, der seit seiner Beförderung immer weniger Grund zur früheren
Lebensfreude findet.
"Er leitete eine gut zweitausend Mann starke Polizei, die meisten von ihnen
hoffnungslose Fälle. Und die wenigen Frauen in der Truppe vermochten das Niveau
nicht nennenswert zu heben".
Und nun ist es wieder soweit. Er muss seinen alten Vertrauten zunächst einmal
nur um eine Einschätzung eines mysteriösen Geschehens bitten. Was ja wohl
nicht so kompliziert und schwer sein kann. Eine Rechnung, die, wie so oft, ohne
Dr. Siris vielschichtige Persönlichkeit von Phosy angegangen wird. Wobei Siri
mit ganz anderen Herausforderungen aktuell zu kämpfen hat und eigentlich gerne
weiterkämpfen würde. Die "In-Gang-Setzung" seiner neuen Kamera,
mittels derer er Filmgeschichte zu schreiben gedenkt. Samt der Herausforderung,
das Gerät ans Laufen erst einmal zu bekommen.
Und nun das. Dieser Fund am Fuße des Anusawari-Triumphbogens um vier Uhr
morgens. Ein weibliches Skelett. Und was ein makaberer Scherz hätt sein
können, entpuppt sich als grausames Verbrechen. Denn das Skelett ist zwar bar
allen Fleisches, aber erst vor Kurzem in den Tod übergegangen. Bisspuren an den
Knochen zeigen, dass dies hier nicht mit rechten Dingen zugegangen ist.
"Alles begann und endete mit ihr. Sie lag in einer Kiste. Einem massiven
Kokossarg mit schmalen Luftschlitzen. Sie hatte geschrien, immer wieder, ohne
Erfolg"
Und sie ist nicht alleine in dieser Kiste. Was den Fall ins Rollen bringt und
Dr. Siri vor erstaunliche Ergebnisse zunächst einmal stellt. Da wittert ein Dr.
Siri sofort und mit voller Motivation Lunte. Und macht sich auf, wie immer
tollpatschig und zerstreut wirkend, den diversen Spuren zu folgen. Wer ist diese
Frau? Was hat sie "abgenagt", wer könnte dahinter stecken und warum
ist das so geschehen? Nur einige Fragen, die auftauchen werden im Kaleidoskop
der vielfach schon gut bekannten und je ganz eigen und differenziert
vorliegenden Personen im Buch. Die, jeder und jede für sich, Unikate darstellen
und zugleich immer wieder auch tragende Rollen in den Fällen einnehmen.
Fazit
Humor, teils fast Slapstick, trockene Dialoge, irreführende Wendungen und
plötzlich auftauchende Spuren, wie in den 12 Bänden zuvor ist auch dieser Fall
sprachlich und vom Spannungsbogen her ein Genuß, der mit seiner ganz eigenen
Art von der ersten bis zur letzten Seite fasziniert und gleichzeitig teilweise
Tränen lachen lässt.
Was in den teils verbogenen Fäden der Erzählung so tatsächlich nur an einem
Ort wie das Laos im Roman geschehen kann, in dem jeder das allgemeine Chaos
gewohnt ist, auf seine eigene Art und Weise zu lösen. Wobei natürlich, zur
Sicherheit, gesagt werden soll, dass Colin Cotterhill die Kunst der
Übertreibungen perfektioniert hat.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 06. Juli 2023 2023-07-06 13:52:50