Lady Morag Kincaid ist das Oberhaupt der Kincaid-Familie, die eine
Whiskybrennerei in den schottischen Lowlands besitzt. Seit mehreren Jahrzehnten
führt Lady Morag die Geschäfte alleine, aber langsam ist es Zeit für einen
Nachfolger. Ihr Sohn Rowan soll die Brennerei übernehmen, doch ist der Playboy
wirklich dafür geeignet? Vielmehr würde dessen Zwillingsschwester Shona in
Betracht kommen, die viel vom Geschäft besteht. Allerdings ist das Verhältnis
der alleinerziehenden Mutter zu Lady Morag angespannt. Als Shona ein Geheimnis
in der Vergangenheit ihrer Mutter findet, eskaliert die Situation.
Als Ian Rolf Hill schätze ich Florian Hilleberg als Autor vor allem bei den
John Sinclair-Romanen. Unter seinem eigentlichen Namen hat er nunmehr eine
Familiengeschichte erdacht, in dessen Zentrum eine Whiskydynastie aus Schottland
steht. Tolle Idee, die mich als Single Malt Liebhaber doppelt interessiert hat.
Hier gibt es schon mal die erste Enttäuschung, denn Whisky oder das Umfeld
dieses Settings spielt in dieser Geschichte so gut wie keine Rolle. Die Kincaids
könnten auch Ewing oder Carrington heißen und im Ölgeschäft tätig sein, das
würde keinen Unterschied machen.
Beginnen wir mit dem Positiven: Florian Hilleberg hat einen packenden
Erzählstil. Man ist von der ersten Seite dabei und hat viel Spaß daran, seine
Charaktere kennenzulernen. Sicher, frei von Klischees sind sie allesamt nicht,
doch so gut herausgearbeitet, dass man sich mit ihnen identifizieren kann, und
mit ihnen hofft und bangt. Die Spannungskurve steigt in der zweiten Romanhälfte
deutlich an. So packend der Roman sich dann auch liest, so unglaubwürdig wird
er leider stellenweise. Der Bösewicht der Geschichte, wer das ist, möchte ich
nicht verraten, ist am Ende für alles verantwortlich. Mich wundert, dass nicht
auch noch das Kennedy-Attentat oder die Covid-Pandemie auf sein Konto ging. Die
Tatsache, wie er überführt wird, ist meiner Meinung nach eher schlecht
erklärt worden, denn dass eine Gespenster-Szene reicht (wer das Buch gelesen
hat, wird wissen, was ich meine), finde ich ebenfalls etwas zu unglaubwürdig.
Fazit
Meine Erwartungen hat "Das Erbe von Kincaid Hall" leider nur zum Teil
erfüllen können. Ich hatte mir von einer Familiengeschichte im Umfeld einer
Whiskybrennerei mehr erhofft als die etwas verjüngte Dallas-Variante. Der
Pluspunkt ist, dass Florian Hilleberg sehr unterhaltsam schreiben kann und mir
die Charaktere, vor allem Shonas Tochter Cybill und Shonas Lebensgefährtin
Siobhan ans Herz gewachsen sind. Von daher werde ich sicher auch den zweiten
Band lesen und hoffen, dass er nicht ganz so platt ist.
Vorgeschlagen von Michael Krause
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veröffentlicht am 18. Juni 2023 2023-06-18 10:14:02