Ein differenzierter Blick von Innen aus vielen neuen Quellen
Von vorneherein sei gesagt, die Lektüre dieses umfassenden Einblicks in die
verschiedenen Strömungen des chinesischen Denkens der Gegenwart benötigt Zeit.
Und Sorgfalt. Bietet dann aber einen umfassenden Einblick in eine Vielzahl,
teils erstmalig übersetzter, Texte und Quellen, mithilfe derer sehr gut am ende
erfasst werden kann, welche Denkmuster, Gegensätze und allgemeinen Strömungen
in China vorherrschen. Und damit liegen auch Erklärungsmöglichkeiten vor
Augen, welche die Verschiebungen der Prioritäten von einer ehemals breiten,
marktwirtschaftlichen Öffnung hin nun zu einer konzertierten
"Angleichung" der Gesellschaft in der Tiefe angehen.
"Noch immer wissen wir zu wenig darüber, wie die massiven außen- und
innenpolitischen Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte in der Volksrepublik
China selbst diskutiert werden" - was sich mit dem vorliegenden Werk
natürlich nicht absolut umfassend, durchaus aber nachhaltig verändert.
Sei es das "chinesische Selbstverständnis", das aktuelle
"Staatsdenken" samt der aktuellen "Herrschaftslegitimation",
sei es die, immer schon für China zentrale, "Bauernfrage und ländliche
Modernisierung" bis hin zu "Zukunftsperspektiven", in großen
Linien übersetzen und kommentieren die Autoren Tete aus dem Inneren Chinas samt
der, von außen ja nicht immer und meist nur schwierig zu sehenden Haltungen im
Land. So kann durchaus Jiang Quin "Die Regierungsform des königlichen Wegs
ist der demokratischen Regierungsform überlegen" 2015 postulieren,
zugleich aber liest sich bei Xu Zjangrun die Feststellung und Warnung 2020
ebenso klar im vorliegenden Werk: "Das wütende Volk lässt sich nicht
länger einschüchtern".
Kritisch lässt sich der ein oder andere rote Faden durch die sehr verschiedenen
Bereiche und verschiedenförmigen übersetzten Texte herauslesen. Das, vor
allem, seit dem Amtsantritt Xi Jinpings bereits und in den letzten Zeiten mit
erhöhter Geschwindigkeit noch es für "kritische Stimmen" immer
schwerer wird, eine Plattform des "Gehört Werdens" zu finden. Doch
jene "Tabuthemen" sind durchaus noch vorhanden, wenn man genauer
hinschaut,
Nur eine Erkenntnis und ein Einblick, neben vielen anderen im Buch zu Wort
kommenden, in die gegenwärtige gesellschaftliche und politische Lage Chinas,
die aus den eher grundlegenden Texten im Werk herausgerarbeitet werden können.
Mit der nötigen Zeit, Geduld und Sorgfalt, sich in eine andersartige Kultur
einzulesen und sich einen offenen Blick für all jene Strömungen und Pläne
innerhalb der Volksrepublik bei der konzentrierten Lektüre zu erhalten.
Fazit
Eine überaus lohnenswerte Lektüre angesichts der "Weltlage" und der
zunehmenden Spannungen und Befremdung mit China vom Westen aus gesehen.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 05. Juni 2023 2023-06-05 12:23:15