Seit Februar 2022 herrscht wieder Krieg in Europa. Es vergeht kein Tag, an dem
auch wir Deutsche mit den Realitäten dieses Krieges über die Medien
konfrontiert werden. Rasch erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz die Zeit nach dem
24. Februar zur "Zeitenwende", ein Begriff, der (spätestens) seit dem
in aller Munde ist. Die Streitkräfte rücken seither verstärkt in den Fokus,
der Einsatz von Waffen wird kontrovers diskutiert. Deutschland und seine
Bevölkerung haben -historisch bedingt- eine sehr spezifische Beziehung zum
Thema "Krieg". Hauke Friederichs, promovierter Historiker und
journalistischer Experte auf dem Feld der Sicherheitspolitik, greift im
vorliegenden Werk die Geschichte der Bundeswehr auf, beschreibt und kommentiert
sie.
Inhaltlich spannt der Buchautor den Bogen über den vorsichtigen, von der
Öffentlichkeit weitgehend abgeschotteten Weg zur Gründung einer neuen Armee
bis in die heutige Zeit hinein. Eine recht wechselvolle Geschichte. Eine Armee
mit wechselhaften Personalbeständen, mit administrativen Problemen, auch in
Bezug auf adäquate Ausrüstung und nicht zuletzt mit Akzeptanzproblemen, in der
Bevölkerung, wie auch in Teilen der Politik, inner- und außerparlamentarisch.
Im Laufe von 75 Jahren nach Kriegsende wandelte sich zunehmend auch der
militärische Auftrag. Dass mit den ersten Kampfeinsätzen der Bundeswehr die
politischen Kontroversen zunahmen, stellt geradezu eine Selbstverständlichkeit
dar. Es wird deutlich: die Bundeswehr durchlebte unruhige Zeiten und blieb stets
ein Spielball der Politik. Somit ein mehr als zurecht gewählter Titel für das
vorliegende Buch.
Fazit
Kompakt und gut lesbar präsentiert Hauke Friederichs die Geschichte der
Bundeswehr. Es gelingt dem Autoren aus meiner Sicht sehr gut, die Skepsis
politischer Strömungen gegenüber der "Armee des Parlaments" ebenso
aufzuzeigen, wie die wechselhafte Stimmung der "Normalbevölkerung"
gegenüber den Soldaten, die mit der Gründung der Bundeswehr als
"Staatsbürger in Uniform" gesehen werden sollten, jedoch keineswegs
immer als solche betrachtet wurden (und werden?).
Es verwundert daher wenig, dass die zuständigen Minister sich gleichermaßen
auf einer Art Schleudersitz befinden. Bisher gelang es noch keinem der
Bundesverteidigungsminister*innen, verschont zu bleiben von teils sachlicher,
teils unsachlicher Kritik. Manche der Probleme sind und waren hausgemacht,
andere erscheinen systemimmanent. Die Kommentierung der politischen Arbeit der
obersten Vorgesetzten der Bundeswehr nimmt den gebührenden inhaltlichen Raum
ein, erscheint mir allerdings an verschiedenen Stellen jedoch ein wenig
"gefärbt". Das tut der Sache keinen Abbruch: ein eigenes Meinungsbild
zu finden wird hierdurch gewissermaßen erleichtert.
Die aktuelle weltpolitische Lage lässt dieses Buch zu einer besonderen Lektüre
werden!
Vorgeschlagen von Dietmar Langusch
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veröffentlicht am 21. Januar 2024 2024-01-21 19:10:30