Späte Liebe, die das Leben neu macht
Eigentlich war das alles ja immer ganz ausgeschlossen. Wenn man als katholischer
Geistlicher sein Leben gelebt hat und nun mehr und mehr gelernt hat, mit innerer
Ruhe und Gelassenheit auch alleine zurecht zu kommen. Die Pflanzen und der
Garten, die Gottesliebe, hier und da noch ein wenig aushelfen in einer Gemeinde
(über aus selten). Man könnte sagen, Monsieur Haslinger lebt mit sich, seinem
Glauben und der Welt still im Reinen
Eine innere Haltung, de Martin Ehrenhauser in seiner klaren, ruhigen,
bildreichen und auf den Punkt treffenden Sprache völlig entspricht. Wenn er
langsam, aber stetig ein "neues Leben", durchaus zumindest mit einem
Geheimnis, in den Raum der Seiten für jenen Monsieur Haslinger Schritt für
Schritt setzt. Beginnend bereits auf der ersten Seite: "Die neue Nachbarin
feierte ein Fest. Er hörte Musik und die Gespräche der Gäste" - und ahnt
noch nicht, wie sehr dieses "Mithören" am späten Abend sein eigenes
Leben nicht nur im Äußern, sondern auch im Inneren neu ausrichten werden
wird.
Denn es dauert nicht lange und Gespräche zeigen Gemeinsamkeiten auf. Die enge
Nachbarschaft macht es einfach, von "Balkon zu Balkon" zu sprechen.
Und Schritt für Schritt, aber spürbar, tritt die Lebensfreude von Madame
Janssen ansteckend in das in ruhigen Bahnen bisher alltäglich ablaufende Leben
von Monsieur Haslinger. Dem diese Welt der "Geselligkeiten" bis dato
nicht unbedingt vertraut war und seit seinem Rückzug aufs "Altenteil"
sehr fern von ihm liegt.
Wer hätte gedacht, dass an diesem Punkt zweier ja eigentlich beruhigter Leben
im Alter noch einmal (oder erstmalig) solche Gefühle sich Bahn brechen können?
Auf ruhige, zarte Art und Weise, die Ehrenhauser wunderbar zurückhaltend und
doch klar im Duktus sich entfalten lässt. Spätestens auf einer gemeinsamen
Reise kommt es dann zum "Durchbruch", den Ehrenhauser flüssig mit
vergangenen Ereignissen aus dem Leben der Madame Janssen verknüpft.
"Und? Haben Sie mich vermisst?" - "Um ehrlich zu sein, ja. Ich
habe Sie vermisst und gehofft, wir würden uns eher sehen".
Bis dahin, dass Haslinger deutlich wird, welche Richtung sein Inneres schon
genommen hat, bevor es ihm klar bewusst in den Sinn kam.
"Er fühlte sich ertappt, nahm den Blick aber nicht von ihr, weil es
ohnehin zu spät war".
Fazit
Eine besondere Liebe, die sprachlich wunderbar erzählt wird und Leser und
Leserinnen gleichermaßen emotional berühren wird.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 24. Mai 2023 2023-05-24 11:17:59