Mein erster Roman von Karen Swan überraschte mich mit einer Spannung, die ich
so nicht erwartet hatte. Dabei war ich tatsächlich über einige Sätze im
Klappentext auf diesen Roman aufmerksam geworden, die in mir den Wunsch
erweckten, ihn besprechen zu wollen. Ich glaube, es wird nicht mein letzter
Roman dieser Autorin gewesen sein.
Flora Sykes ist Kunstagentin und jettet durch die Welt, um für ihre Klienten
Kunst zu kaufen oder zu verkaufen. Sie ist Experten auf dem internationalen
Parkett der großen Auktionshäuser. Ihr Vater war Auktionator bei Christie’s.
Kunst steckt ihr im Blut. Floras Chef betraut sie mit einem ungewöhnlichen
Fall. In Paris war eine Wohnung aufgefunden worden, die über siebzig Jahre
nicht betreten worden war. Die Besitzer haben nicht gewusst, dass ihnen diese
Wohnung in Montparnasse gehört, und es ist ihnen laut Testament verboten, diese
Wohnung zu betreten. Diese Familie ist eine der reichsten und prominentesten
Frankreichs. Sie beauftragen Floras Agentur, die Wohnung in Augenschein zu
nehmen. Flora betritt mit ihrem Chef die überaus verstaubte Wohnung und sie
treffen auf mehrere hundert Gemälde und andere Kunstwerke. Darunter einige
überaus wertvolle, unter anderem zum Beispiel von Renoir. Flora wird
beauftragt, die Herkunft der Gemälde zu recherchieren. Doch was sie dabei
herausfindet, ist so umwerfend und unfassbar, dass nicht nur die Auftraggeber in
ein Chaos stürzen.
Ich muss zugeben, dass ich keinen Krimi erwartet hatte. Genau genommen ist es
auch keiner. Aber die Recherchen zur Provenienz der Kunstgegenstände gleichen
den Ermittlungen bei einem Mordfall in einem Kriminalroman. Vor lauter Spannung
fliegen die Seiten nur so durch die Finger. Karen Swan hat einen sehr
vielfältigen Plot für diesen Roman angelegt. Die Ermittlungen zur Herkunft der
Gemälde führt zur Aufdeckung von Familiengeheimnissen. Nebenbei gibt es
Männer, die der Protagonistin den Kopf verdrehen, obwohl sie es nicht will.
Ihren Ruhepol findet Flora bei ihren Freunden. Und dann gibt es da noch Floras
Bruder, der in einer großen Klemme steckt. Seine Geschichte erfahren die Leser
aus den Telefonaten und den Gedanken, die die Protagonistin mit und um ihn
führt. Doch auch dieser Strang wird am Ende geschlossen. Das ist sehr komplex
und unheimlich interessant.
Zwar hatte ich nach etwas mehr als die Hälfte der Geschichte das Gefühl, dass
alle Geheimnisse um die Kunst gelüftet waren und es sich "nur noch"
um einen Liebesroman handelte, weil dieser eine Strang in den Vordergrund trat.
Ich wurde allerdings eines besseren belehrt und die Geschichte drehte sich
erneut und kehrte zu den Familiengeheimnissen mit wesentlich mehr Schwung
zurück. Schließlich spielt der Roman größtenteils in Paris. Dafür bringt
Karin Swan jede Menge Lokalkolorit hinein. Beim Lesen genießt man die
Spaziergänge zwischen Oldtimern, in Pariser Gassen, die von der Sonne ins
rechte Licht gerückt werden. Man spürt die Sonnencreme, die aufgetragen wurde
und schnuppert die Parfüme der Frauen, an denen man vorbeigeht. Karen Swan
beschreibt alles, was zum Paris-Gefühl gehört.
Fazit
Der Roman, den ich ursprünglich wegen seines Pariser Flairs lesen wollte, hat
mich mit seiner überraschenden Spannung total überzeugt. Leser, die knifflige
und komplexe Romane nicht scheuen, sollten ihn unbedingt lesen.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 12. Mai 2023 2023-05-12 09:45:57