Dieser Roman von Nina George ist der Nachfolgeroman Ihres Welterfolges »Das
Lavendelzimmer«. Zehn Jahre haben die Leser darauf warten müssen, um zu
erfahren, wie es Monsieur Perdu und seiner literarischen Apotheke zusammen mit
Catherine im Süden Frankreichs geht. Nun ist es endlich soweit und die
Sehnsucht der Leser kann gestillt werden.
Vier Jahre lebt Jean Perdu nun schon zusammen mit Catherine im Süden
Frankreichs im Aigues-Mortes. Aus seinem Schiff war ein Restaurant geworden,
welches von lieben Freunden betrieben wurde. Monsieur Perdu hat sich quasi in
den Ruhestand begeben und genießt das Leben. Die Feier zu seinem 60. Geburtstag
wird von seinen Freunden im kleinsten Kreise organisiert. Die Geschenke für ihn
sind umwerfend. Von Victoria, der Tochter seiner ersten großen Liebe Manon und
seine Vielleicht-Tochter, erhält er ein Enkelchen und soll gleich dem
Fast-Schwiegersohn Max beibringen, wie mein Vater ist.
Seine Freunde Samy und Salvo schenken ihm das Schiff zurück. Sie haben Pläne,
ein Restaurant an Land In San Sebastián im Baskenland weiterzuführen. Doch
Monsieur Perdu solle mit dem Schiff seine literarische Apotheke wieder neu
eröffnen. Für Jean Perdu muss ein Plan zur Rückkehr aus dem Ruhestand und zur
Rückführung seines Schiffes nach Paris her. Auf dem Weg zurück lernt man
zusammen mit der kleinen Schiffsbesatzung viele Menschen kennen, und Merline.
Man erlebt einen Jean Perdu, der hin und hergerissen wird zwischen der modernen
digitalen und der nostalgischen analogen Welt.
Von Nina George ist man sinnliche Romane voller Emotionen und hinreißenden
Gedanken gewohnt. Man wird mit dem vorliegenden Roman diesbezüglich nicht
enttäuscht. Sie ist sich treu geblieben und komponiert die Worte zu einem
Gemälde, anstatt sie einfach nur aneinanderzureihen. Wer Zitate liebt, wird
sehr viel Gelegenheit haben, in dieser Geschichte passende Passagen
anzustreichen. Wortgewandt und gefühlsbetont erzählt Nina George eine
Geschichte für alle Sinne der Leser. Ob es die Speisen sind, die auf die Teller
geladen, oder die Landschaften und Straßenzüge sind, die gestreift werden. Man
spürt alles, riecht alles und schmeckt alles.
Für die Spannung braucht es nicht viel, denn man möchte von Anfang an wissen,
wie es mit den Figuren weitergeht. Wird die Liebe und Freundschaft bestand
haben? Wird der Neustart in Paris gelingen? Wie wird die Reise dorthin? Nina
George hat dafür gesorgt, dass beim Lesen genügend Fragen im Kopf entstehen,
um an der Geschichte kleben zu bleiben. Witz und Humor wurde nicht vergessen, so
mancher Situation, so manche wörtliche Rede zaubert ein Schmunzeln auf’s
Gesicht.
Da der Protagonist Monsieur Perdu nach der Aufgabe seines Schiffes vor vier
Jahren versucht hat, eine literarische Enzyklopädie mit dem Titel »Große
Enzyklopädie der kleinen Gefühle – Handbuch für Buchhändlerinnen,
Buchhändler und andere literarische Pharmazeuten« zu schreiben, sind die
Zitate aus dieser Enzyklopädie am Ende eines jeden Kapitels ein besonderes
Highlight. Dort werden Begriffe wie "Leselust",
"Bücherfreundschaften", "Heimatsuchende" und dergleichen
mehr sinnlich erläutert. Nina George teilt auf diese Weise Gedanken zu den
verschiedensten Themen menschlichen Zusammenlebens mit. Die Idee zu dieser
Enzyklopädie und zur Darbietung der Zitate hat mir wunderbar gefallen. Regen
gerade diese Sätze doch zum Nachdenken an.
Fazit
Ein empfehlenswerter Roman voller Gefühl und Liebe und ein herzliches
Dankeschön an Nina George, dass ich erfahren durfte, wie es Monsieur Perdu
ergangen ist.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 28. April 2023 2023-04-28 12:53:03