1945 - das nahende Kriegsende bedeutete für viele der Häftlinge in den
Nazi-Konzentrationslagern ein Ende der Knechtschaft. Eine Befreiung, die eine
Vielzahl von ihnen aufgrund des durchlebten Martyriums nicht überlebten. Für
die Überlebenden verlief der Weg zurück in einen beschwerlichen Alltag
Individuell unterschiedlich. Einige von ihnen jedoch erhoben ihre Stimme und
legten Zeugnis ab - Zeugnis über ein schier unvorstellbares Schicksal. Dem
Alter geschuldet verstummen nunmehr nach und nach auch diese Stimmen. Gut, wenn
die Erlebnisse so lange es irgend geht dokumentiert und wach gehalten werden!
Mit Josef Lewkowicz (geboren am 21. Juli 1926) ergreift ein Zeitzeuge das Wort
und schildert sein Leben, ermuntert und unterstützt durch den Journalisten
Michael Calvin.
Im Verlauf des vorliegenden Buches nimmt der Autor die Leserschaft mit auf eine
lange Reise. Seine große Familie und deren traditionelle Verwurzelung im
Judentum lernt die Leserschaft kennen, ebenso auch deren Schicksal während der
Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft. Viele der Familienmitglieder
überleben den Holocaust nicht. Josef Lewkowicz schaffte es! Mit unbändigem
Lebenswillen überlebte er die Qualen in sechs Konzentrationslagern, worüber er
eindringlich berichtet. Die Befreiung durch US-Truppen Anfang Mai 1945 setzte
der Gefangenschaft ein Ende; der Weg zurück in ein geordnetes Alltagsleben
gestaltete sich anfangs beschwerlich. Auch an seinem Glück, mit nunmehr 96
Jahren, auf ein bewegtes Leben zurückzublicken, lässt der Autor die Leserinnen
und Leser teilhaben.
Fazit
Das vorliegende Buch eines hochbetagten Zeitzeugen ist eine bewegende
Erzählung, nicht nur über die Grausamkeiten in den Konzentrationslagern,
sondern auch die Vermittlung eines Bildes über den Kampf nach der Befreiung dem
Leben einen neuen Sinn zu verleihen. Die Stärke diese Werks liegt nach meinem
Empfinden in der sehr persönlichen und emotionalen Art des Erzählens. Die
Worte des Autors sind ein Zeugnis des Überlebens und der Hoffnung.
So erschütternd die Berichte an verschiedenen Stellen auch sind (der Autor
schildert stets authentisch) und das eigene Vorstellungsvermögen an den Rand
des Erträglichen bringen, gleichwohl sind sie unglaublich wichtig und
bedeutsam! Der persönliche Stil des Erzählens lässt das Buch zu einer
faszinierenden Lektüre werden. Ein wenig holprig wird es allenfalls im Kapitel
15 (Neue Horizonte). Aus meiner Sicht passt dieses Kapitel stilistisch nicht so
recht ins Bild, was den Gesamteindruck jedoch nicht schmälert.
Alles in allem ein zutiefst beeindruckendes Buch!
Vorgeschlagen von Dietmar Langusch
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veröffentlicht am 25. April 2023 2023-04-25 08:47:55