Der Roman von Jane Crilly ist einer der anrührendsten und tragischsten
Liebesromane, den ich gelesen habe. Er wird garantiert zu meinen Favoriten in
diesem Jahr zählen, obwohl das Jahr noch sehr jung ist. Es beginnt alles mit
einer Journalistenklammer, die die eigentliche Geschichte umrahmt und in der
Gegenwart spielt. Die Ich-Erzählerin schreibt für ein Magazin eine Kolumne mit
wahren Liebesgeschichten. Doch dann verliert sie diesen Job wegen
Umstrukturierungen. Ihr Chef aber vermittelt ihr einen neuen Auftrag. Leider nur
eine einmalige Sache, für vier Seiten. Der Gärtner von Wimbledon geht nach 50
Jahren in den Ruhestand. Sie soll ihn interviewen und ein Porträt daraus
machen. Henry Evans, der Gärtner, stimmt dem Interview und Porträt zu. Die
Journalistin trifft sich mit ihm und er erzählt ihr seine Geschichte.
Damit beginnt nun die eigentliche Geschichte, die sich über den Zeitraum von
1938 bis 1946 hinzieht. Henry ist noch ein kleiner Junge, als die Mutter viel zu
früh stirbt. Der Vater zieht mit ihm von der großen Stadt auf’s Land. Er
wird Gärtner auf Blake Hall. Henry wächst zwischen all den Angestellten der
Herrschaften auf. Aber nicht nur zwischen ihnen, sondern auch mit der Tochter
der Blakes, die nur wenige Monate älter als er ist. Für Henry ist dies eine
ganz neue Welt und er muss lernen, dass es unterschiedliche Klassen von Menschen
gibt. Aber zwischen Rose und ihm entsteht eine ganz besondere Beziehung. Ist es
nur Freundschaft? Oder ist da mehr? Auch nach Jahren kann sich Henry diese Frage
nicht beantworten.
Jane Crilly hat einen ganz sanften, aber emotional starken Roman geschrieben.
Der Humor, der in den Köpfen der Kinder und später Jugendlichen steckt, zeigt
immer wieder die vielen kleinen Freuden, die zwischen all den Konflikten und
Dramen liegen. Die Dialoge sind lieblich und amüsant. Die Gedanken der
Protagonisten sind ernst, die Themen tiefgründig. Das Ausbrechen aus den
gesellschaftlichen Regeln scheint für alle schwer.
Da Henry der Sohn vom Gärtner ist, aber mit der Tochter des Hauses, die einmal
Wimbledon gewinnen möchte, Tennis spielen darf, kommt in diesen Roman ein
Gefühl von "Downton Abbey" auf. Beide Gesellschaftsschichten werden
beleuchtet und die Geschichte spielt sich dazwischen ab. Das Ende der Geschichte
des Gärtners berührt emotional sehr stark. Doch wenn man schließlich in der
Gegenwart erfährt, wie und warum Henry der Gärtner von Wimbledon geworden ist,
stimmen alle Sätze die Leser wieder versöhnlich.
Fazit
Ein umwerfender Roman mit einer anrührenden Liebesgeschichte zwischen all den
ernsten Themen, wie sie wohl besonders in der britischen Gesellschaft
hervortreten.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 24. März 2023 2023-03-24 11:01:01