Am 24. Februar 2022 befahl der russische Präsident Wladimir Putin den Einmarsch
seiner Armee in die Ukraine. Dieser Überfall auf das Nachbarland schockierte
das Gros der Staatengemeinschaft der Welt. Fast ein Jahr danach tobt der Krieg
in unverminderter Härte und es ein Ende ist nicht absehbar. Tag für Tag kostet
dieser Krieg vielen Menschen auf allen Seiten das Leben, lässt die Zahlen der
Kriegsversehrten in die Höhe schnellen, und verunsichert zahlreiche Menschen,
insbesondere auf dem europäischen Kontinent: was wird die Zukunft bringen?
Wenig verwunderlich steht der Machthaber der Russischen Föderation im
Mittelpunkt zahlreicher kritischer Betrachtungen. Mit dem vorliegenden Buch
beschreibt ein journalistischer Insider die Situation aus seiner Sicht und
stützt sich dabei auf fundierte Kenntnisse, die er in vielen Jahren seiner
Tätigkeit für die ZEIT gewinnen konnte.
Letztendlich kreist das Buch inhaltlich um das politische Wirken Wladimir
Putins. Um seine Persönlichkeit, um seine (scheinbar) wenig stringenten, nach
außen schwer nachvollziehbaren Sichtweisen und den hieraus resultierenden
"überraschenden" Entscheidungen. Der kometenhafte Aufstieg des
russischen Präsidenten vom Geheimdienst-Offizier zum Regenten einer nuklearen
Großmacht wird durch Michael Thumann nachgezeichnet, von Beginn an. Die
Zementierung seiner Macht nach Innen, wie nach Außen steht dabei im Mittelpunkt
der Betrachtungen und werden anhand intensiver Begegnungen mit dem politischen
Establishment und dem "ganz normalen" russischen Bürgern beschrieben
und eingeordnet. Worauf kommt es Putin an? Was will er erreichen? Fest steht: es
ist SEIN letztes Spiel - um welchen Preis?
Fazit
Zweifelsfrei bange Fragen, auf die es keine bereits feststehenden Antworten
gibt. Michael Thumanns Buch stellt einen gekonnten und gut lesbaren Beitrag im
Reigen der Bücher zum Ukraine-Krieg dar. Er legt seine Erkenntnisse offen und
lässt die Leserschaft teilhaben an den Rückschlüssen, die er hieraus zieht.
Alleine schon von daher ein Erkenntnisgewinn und ein Beitrag zur Reflexion.
Zweifelsfrei bezieht er eindeutig Stellung, was den Eindruck einer
voreingenommenen, wenig diskursiven Betrachtungsweise stützen mag. Auch ich bin
der Ansicht, das eine dezidierte Betrachtung mit den Versäumnissen "des
Westens" inhaltlich gutgetan hätte. Dennoch fällt genau diese Balance aus
meiner Sicht zunehmend schwer. Täter/Aggressor und "Opfer" sind in
diesem Konflikt -das darf man in der Tat ohne Übertreibung behaupten-
unstrittig. Zu eindeutig sind die Statements der Staatenlenker, selbst in den
Reihen derer, die sich Putin nicht mit offener Ablehnung gegenüber stellen. In
diesem Falle decken sich die Erkenntnisse Thumanns mit den
"allgemeinen" Erkenntnissen. Demzufolge billige ich dem Autoren zu,
dass seine Parteinahme nicht auf der Basis des Mainstreams entstanden ist,
sondern aufgrund seiner Einblicke in eine betroffene Gesellschaft.
Vorgeschlagen von Dietmar Langusch
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veröffentlicht am 24. Februar 2023 2023-02-24 16:27:01