1933 - das Jahr, in dem Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde und zugleich
Beginn einer Epoche, in der Deutschland in raschen Schritten zur Diktatur wurde
und das junge Experiment deutscher Demokratie sein Ende fand. Was folgte hatte
fatale Konsequenzen, zunächst für Europa, nachfolgend weltweit. Anlass genug,
90 Jahre danach einen differenzierten Blick auf die Ereignisse zu werfen. Genau
dies macht sich der Herausgeber des Buches, der renommierte Historiker Thomas
Weber, zur Aufgabe. Neben ihm tragen 13 weitere Autorinnen und Autoren ihre
Erkenntnisse aus unterschiedlichen Blickwinkeln bei.
Inhaltlich werden die Abläufe der nationalsozialistischen Machtergreifung im
Jahre 1933 aufgegriffen, verbunden mit der Frage, wie es dazu kam, dass in
Deutschland eine radikale politische Bewegung erfolgreich Fuß fassen konnte,
während andernorts trotz vergleichbarer innenpolitischer Probleme, dies nicht
der Fall war. Hiermit zusammenhängend wird das junge demokratische System der
Weimarer Republik näher betrachtet: aufgezeigt werden systembedingte
"Mängel" und Besonderheiten, die den Nationalsozialisten ab einem
gewissen Zeitpunkt in die Karten spielten. Die Schwäche der mit der NSDAP
konkurrierenden Parteien aus den verschiedenen politischen Lagern und deren
Rolle im Hinblick auf die Machtergreifung werden in mehreren Kapiteln
betrachtet, bevor das (Gegen-) "Modell" der NSDAP, die sich
letztendlich als einzige Alternative auf dem Weg zu einer besseren und einzig
wahren Demokratie sahen, der Leserschaft offen gelegt wird.
Es folgen weitere Betrachtungen zu den einzelnen Schritten der Eroberung und
Festigung der Macht, nicht ohne die Frage zu beleuchten: War das Ganze
unvermeidlich? Ein abschließender Blick gilt der politische Hinterlassenschaft
und der Frage, wie in der heutigen Zeit damit umgegangen wird und welche Lehren
daraus zu ziehen sind.
Fazit
Die Machtergreifung durch die Nationalsozialisten in Deutschland ist -nicht nur
aufgrund des runden Jahrestages- ein nach wie vor präsentes und brisantes
Thema. Die Schwächen der Weimarer Demokratie mit all ihren Beteiligten ebneten
den hartnäckigen und geschickt agierenden Politikern der NSDAP Tür und Tor
für ihr verhängnisvolles Tun. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs teilte sich die
Welt in zwei riesige Machtblöcke: die "östlichen" Staaten unter
Führung der Sowjetunion als autoritär geführte Länder auf der einen, die
"westlichen" Staaten unter Führung der USA als liberale Demokratien
auf der anderen Seite. Nachdem der Kalte Krieg ein Ende fand und das Sowjetreich
zusammengebrochen war, schien es kein Halten für einen globalen Siegeszug der
liberalen Demokratie zu geben.
Weit gefehlt, wie wir heute wissen. Die liberale Demokratie gerät zunehmend
unter Druck. Gerade aufgrund dieser aktuellen Situation stellt das vorliegende
Buch einen wichtigen Beitrag dar. Das Ende der Weimarer Republik führte in ein
totalitäres System, das die Welt an den Rand des Abgrunds brachte. Wie konnte
das geschehen und welche Lehren lassen sich daraus ziehen? Welche Konsequenzen
müssen folgen, um nicht wieder den Sirenengesängen antidemokratischer Kräfte
auf den Leim zu gehen? Fragen, die sich heute aktuell weltweit als hochaktuell
wahrgenommen werden, selbst in (scheinbar) gefestigten Demokratien (Beispiel 6.
Januar 2021 - Erstürmung des Kapitols).
Dem Herausgeber gelingt unter gekonnter Einbindung seiner Mit-Autorenschaft ein
hochinteressantes Buch zu unterschiedlichen Fragestellungen, die sowohl aus
historischer Sicht, wie auch aus heutiger Perspektive von besonderem Interesse
sind!
Vorgeschlagen von Dietmar Langusch
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veröffentlicht am 06. Januar 2023 2023-01-06 19:40:23