Der Kriminalrtoman von Helga Glaesener ist der zweite historische Kriminalroman
um die erste Hamburger Kommissarin Paula Haydorn als Protagonistin. Die Handlung
spielt in Hamburg gegen Ende 1929. Sie fängt offenbar ziemlich harmlos mit
einer zu beschmunzelnden Aktion an. So sehen das auch die Polizisten der Kripo
in Hamburg. Eine Dame stürmt ins Präsidium. Sie trägt einen kleinen Hund auf
dem Arm und möchte Anzeige machen, weil der Hund getötet wurde. Sie hatte ihn
im Auto zurückgelassen, er war herausgeholt und an das Fahrzeug gebunden
worden, so dass sie ihn beim Losfahren überrollen musste. Da ein Hund eine
Sache ist, wird keine Anzeige entgegengenommen. Die Dame echauffiert sich.
Einen Tag später ist die Dame wieder bei der Kripo und möchte dieses Mal das
Verschwinden ihrer Tochter anzeigen. Sie sein mit ihrem Kindermädchen nach
einem Spaziergang nicht zurückgekehrt. Diese Anzeige wird zwar ernster als die
Sache mit dem Hund genommen, aber so richtig ernst auch noch nicht. Nur Paula
Heydorn glaubt der Frau und nimmt sich der Suche nach dem kleinen Mädchen und
seiner Amme an. Ihr Spürsinn gibt ihr recht, denn als bei der Suche nach dem
Mädchen blutige Spuren auftauchen, nimmt das Geschehen eine dramatische
Wendung.
Helga Glaesener ruft mit ihrem bedächtigen und ausgewogenen Erzählstil ein
Gefühl von Heimischsein beim Leser hervor. Ruhige Schilderungen von Handlung,
Figuren und Örtlichkeiten wechseln sich mit wörtlicher Rede in einem
wohlgeformten Rhythmus ab. Man lernt ein Hamburg kennen, wie es in der damaligen
Zeit florierte. Örtliche Ankerpunkte existieren auch heute noch. Das
Figurenensemble ist nicht auf Action getrimmt. Nachdenkende, recherchierende
Beamte, die ihre Informationen austauschen und an einem Strang ziehen.
Persönliche, familiäre Probleme werden in die Suche nach dem Mädchen
eingeflochten, auch wenn es nicht bei der Suche bleibt und die Leser noch
Überraschungen erleben werden. So werden denn auch die privaten Stränge
spannend gestaltet.
Auch eine sich anbahnende Liebesgeschichte zwischen Paula und ihrem Chef Martin
ist dramaturgisch so aufbereitet, dass man wissen möchte, wie es mit beiden
weiter geht. Mit dem Aufbau einer weiblichen Polizei in Hamburg hat sich Helga
Glaesener eine Möglichkeit geschaffen, den auch heute mehr denn je forcierten
Mann-Frau-Konflikt einzuflechten. Sticheleien unter den Kollegen in den Goldenen
Zwanzigern sind immer möglich, werden aber meist zufriedenstellend
behandelt.
Die Spannung bezieht der Roman aus den Konflikten der Familie des verschwundenen
Mädchens. Die Ermittlungen der Polizei erleiden immer wieder Rückschläge und
gehen so manches Mal in die falsche Richtung. Dass es nicht bei einer
Entführung bleibt, ist zwar nicht grundsätzlich vorhersehbar, gibt der
Dramaturgie aber einen besonderen Twist.
Fazit
Diesen Roman habe ich sehr gerne gelesen und er ist sehr gut zu empfehlen für
Leute, die selbst ermitteln wollen und gerne auf rasante Schießereien und
Prügeleien verzichten mögen, obwohl es auch diese im Krimi gibt. Noch dazu mit
dramatischen Ende.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
[Profil]
veröffentlicht am 18. August 2022 2022-08-18 09:59:22