Dieser Roman von Titus Müller ist der zweite Roman der Trilogie um Ria
Nachtmann, der Agentin des Bundesnachrichtendienstes, die in der DDR im Einsatz
war. Während der erste Band »Die fremde Spionin« zur Zeit des Mauerbaus
spielt, lernt der Leser Ria Nachtmann nun 12 Jahre später kennen. Sie hat den
Geheimdiensten abgeschworen und arbeitet nun als Sekretärin in der
Kommerziellen Koordinierung unter Dr. Schalck, dem Außenhandelsmogul der
DDR.
In wechselnden Kapiteln werden sowohl Henning als auch Ria vorgestellt. Henning
ist auf Posten bei den Grenztruppen der DDR. Sein Leben ist nach der
Degradierung aus den Fugen geraten und er versucht, aus der DDR zu fliehen.
Aber nicht nur Henning birgt ein Geheimnis in sich. Er ist der Schwager von Ria
und Ria macht gerade Urlaub am Goldstrand in Bulgarien. Zwar ist sie dort mit
Freundinnen, doch sie möchte sich nach vielen Jahren mit Jens, einem
Journalisten aus der Bundesrepublik, treffen. Er muss immer noch glauben, dass
Ria ihn vor Jahren verraten hat. Aber sie liebt ihn immer noch und muss ihr
Verhalten von damals richtigstellen.
Doch ein Geheimnis zu verbergen, während man unter Beobachtung der
Staatssicherheit steht, kann schwierig werden.
Der in Leipzig geborene Autor Titus Müller ist zwar zu jung, um die Handlungen
seiner Romane selbst erlebt haben zu können, aber dagegen hilft schließlich
eine umfangreiche Recherche und vielleicht einige Fragen an Oma und Opa. Doch um
es kurz zu machen: Er bringt das Feeling der Zeit mit wortgewaltigen und
bildreichen Beschreibungen ungemein authentisch rüber. Selbst kleinste Details,
an die man sich selten erinnert, wenn man nicht gerade davon hört oder liest,
scheinen zu stimmen. Alltagsgegenstände, wie das Fit, genauso wie politische
oder gesellschaftliche Aktionen, wie die Weltfestspiele.
Ich habe es genossen, wieder an Sachen erinnert zu werden und hierbei
zusätzlich Fakten genannt zu bekommen, von denen ich noch nicht gehört hatte.
Auch, wenn die Geschichte erfunden und fiktiv ist, so erscheint sie tatsächlich
so, wie sie tatsächlich stattgefunden haben könnte.
Fakten und Feeling sind aber nicht alles, was dieser fesselnde Roman bietet. Die
Spannung kommt keinesfalls zu kurz und sie setzt sofort bei den ersten beiden
Kapiteln an. Denn bereits die Anbahnung einer Republikflucht und ein erstes
Treffen in Bulgarien mit einem Bundesbürger versetzt den Leser in ein
Dran-bleiben-wollen. Zumal man weiß, dass die beiden Hauptfiguren miteinander
etwas zu tun haben.
Fazit
Ein Roman, der in einer Zeit spielt, von der ich nicht erwartet hatte, dass er
mich dennoch so packen kann. Deshalb von mir meine höchste Empfehlung.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 22. Juni 2022 2022-06-22 11:40:01